Machine Head - Through The Ashes Of Empires

Review

Nennt es „endgültige Rückbesinnung auf alte Tugenden“! Nennt es „Wiederauferstehung“! Nennt es „Comeback des Jahres“! Scheißegal, denn was MACHINE HEAD auf ihrem fünften Album „Through The Ashes Of Empires“ abliefern, ist schlichtweg groß…größer…mächtig… monströs…grandios. Vorbei sind die Zeiten von krampfhafter „Burn My Eyes“-Kopie („The More Things Change“), Anbiederung an den New Metal („The Burning Red“) und einem Mix aus beidem („Supercharger“). Versteht mich nicht falsch, ich liebe jedes MH-Werk auf seine Art, aber eines hat seit dem Debüt keine ihrer Platten mehr geschafft: mich auch nach knapp zweimonatiger Dauerberieselung immer noch ehrfurchtsvoll auf die Knie sinken zu lassen, um einer Musik zu huldigen, die auf eine nie und nimmer erwartete Art und Weise die Atmosphäre von „Burn My Eyes“ wieder belebt, dabei aber jederzeit fortschrittlich nach vorne schaut und sich einer Weiterentwicklung erneut nicht verschließt. Es wird nicht einfach „Davidian Part 2“ geschrieben, nein, der Opener „Imperium“ setzt dem Ganzen noch einen drauf. Ein besonnener Anfang, dann eine gigantische Midtempo-Brachialgitarrenwand und gegen Ende einsetzendes High-Speed-Old-School-Bay-Area-Riffing samt vereinzelter, fast schon schwedisch anmutender (!!!) Melodieläufe machen diese sieben Minuten zum Besten, was Robb Flynn und Co. jemals geschrieben haben. Und genauso geht es weiter. Kein Song klingt wie der vorige, wobei auffällt, dass die Senkrechtstarter von 1994 mit diesen zehn Tracks ihre bisher reifste, ausgefeilteste und komplexeste Arbeit abgeliefert haben. Jedes Stück transportiert unglaublich viele Stimmungslagen, die durch geschickte Wendungen innerhalb der Songs, durch anklagende oder befreiende Melodien, durch wütendes Drumming (Dave McClain = Gott), durch Flynns einmal mehr sehr persönliche und harte Texte und vor allem durch seinen äußerst intensiven, authentischen Gesang hervorgehoben werden. New Metal-Einflüsse? Ja, sie sind noch vorhanden, aber man muss sie mit der Lupe suchen („Left Unfinished“, „All Falls Down“), wenn man auf Teufel komm raus etwas zum Meckern braucht, um beruhigt schlafen zu können. Stattdessen erfreut man sich lieber an und lässt sich begeistern von aggressiven und jederzeit durchdachten Smashern („Bite The Bullet“, „Wipe The Tears“, „Vim“), elegisch-epischen, mit mitreißenden Spannungsbögen versehenen Hymnen wie „Elegy“ (treffend betitelt), „In The Presence Of My Enemies“ und dem superben „Days Turn Blue To Gray“ (übertrifft sogar „Blood Of The Zodiac“) und der vielleicht besten MH-Ballade „Descend The Shades Of Night“. Es fällt mir wirklich schwer, meine Begeisterung für „Through The Ashes Of Empires“ in Worte zu fassen, denn ich hatte vieles erwartet, aber eines nicht: den perfekten Spagat aus einem Back-to-the-Roots-Feeling und einer Auf-zu-neuen-Ufern-Aufbruchsstimmung, der diese Platte zum zweiten „Debüt“ und deswegen zum Beginn eines neuen Karriereabschnitts von MACHINE HEAD macht. Aber woran liegt das? An der Frustration über das in den USA gnadenlos ignorierte „Supercharger“-Album, was die Jungs dort sogar den Plattendeal gekostet hat? An Klampfenneuzugang Phil Demmel (ex-VIO-LENCE-Kumpel von Robb Flynn)? Ich weiß es nicht. Eines ist jedoch sicher: 10/10 Punkte sind für dieses vor Kraft nur so strotzende und selbige in ungeheurem Maße verleihende Meisterwerk fast schon zu wenig. Ich verneige mich aggressiv bangend, angepisst ausrastend, enttäuscht abrechnend, frustriert anklagend, aber nie mutlos resignierend und somit alle Emotionen dieses Albums durchlaufend vor MACHINE HEAD und „Through The Ashes Of Empires“. Unter (Link) findet ihr den Song „Left Unfinished (unmastered decoy version)“ als free MP3.

20.10.2003
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