Machine Head - Of Kingdom And Crown

Review

Es ist jetzt ganze vier Jahre her, dass MACHINE HEAD „Catharsis“ auf die Metal-Welt losgelassen haben. Und es steht auch heute noch außer Frage, dass Frontmann Rob Flynn und seine Mannschaft damit eines der umstrittensten Alben der Szene vorgelegt haben. Nicht nur die Fangemeinde wurde durch „Catharsis“ gespalten. Auch das klassische MACHINE HEAD-Line-up wurde durch dieses Album auseinandergerissen.

Schlagzeuger Dave McClain und Gitarrist Phil Demmel verließen kurz nach Veröffentlichung die Band und es sah für eine gewisse Zeit nicht gut aus für Robb Flynn. Nachdem für einen kurzen Moment noch einmal die Originalbesetzung der „Burn My Eyes“-Zeiten zusammenkam wurden anschließend neue Musiker rekrutiert. Darunter der polnische Saitenhexer Wacław „Vogg“ Kiełtyka (DECAPITATED, VADER, LUX OCCULTA). Angesichts dieser Vorgeschichte ist es daher nur verständlich, dass besonders Langzeitfans mit banger Skepsis auf die Veröffentlichung ihres neuen Albums „Øf Kingdøm And Crøwn“ blicken.

MACHINE HEAD sind zurück und das in Überlänge

Spätestens seit dem überragenden „The Blackening“ wissen alle, dass MACHINE HEAD auch oder vor allem bei längeren Stücken richtig punkten. Ein Konzept, das auf den nachfolgenden Alben größtenteils beigeblieben ist. Umso überraschender, dass sich auf „Catharsis“ fast ausschließlich Songs bis zu vier Minuten Spielzeit befunden haben. Als kleine Wiedergutmachung dafür packen MACHINE HEAD das 10-Minütige „Slaughter The Martyr“ gleich als Opener aus. Und zeigen damit, dass sie mehr als wieder da sind.

Das Riffing erinnert so stark an ein Best-Of-„The Blackening“, dass man fast Recycling vorwerfen möchte, würde es nicht so viel Spaß machen, ihnen dabei zuzuhören. Neben den wieder deutlich härteren Gitarrenstrukturen überzeugt „Slaughter The Martyr“ im Chorus. Flynn zeigt sich von seiner wechselhaften Seite. Mal melodisch, mal in gewohnter Härte – so wollen wir unseren Robb.

Alles neu macht der Robb

Wer nach „Catharsis“ an MACHINE HEAD und Robb Flynn gezweifelt hat, wird sich angesichts der neuen Songs wie bei einer Frischzellenkur fühlen. Denn „Øf Kingdøm And Crøwn“ hat natürlich die typische Note von MACHINE HEAD beibehalten. Dennoch wirken die Songs frischer, dynamischer und befreiter denn je. Man könnte schon fast von einem mehr als gelungenen Neustart für Robb Flynn sprechen. Erstmals in der Geschichte von MACHINE HEAD legen sie mit „Øf Kingdøm And Crøwn“ ein richtiges Konzeptalbum vor. Es spielt in der weit entfernten Zukunft und die Welt (oder nur Amerika) ist eine große Ödnis. Im Zentrum stehen die beiden Figuren Ares und Eros. Eros wurde von einer Sekte dazu verleitet, die Geliebte von Ares zu ermorden, der daraufhin auf Rache aus ist, während Eros weiter seiner Mordlust nachgeht.

Neue Stärke dank polnischer Härte

Es ist nicht angebracht zu sagen, dass MACHINE HEAD zu alter Stärke zurückgekehrt sind. Vielmehr handelt es sich um rundherum neue MACHINE HEAD, die sich nicht trotz, sondern durch den Mitgliederwechsel gefunden haben. Sicherlich ist es immer noch Robb Flynns Band und der Charakterkopf dürfte hier viel beigetragen haben. Aber es war ein wahrer Geniestreich, Vogg als neuen Gitarristen zu verpflichtet. Der sorgt für einen ordentlichen Schub Härte. Eine Energie, an der es MACHINE HEAD in den vergangenen Jahren gefehlt hatte. Und diese ist anscheinend auf Flynn übergegangen.

Ein Königreich für Headbanger

Mit einem Song wie „Choke On The Ashes Of Your Hate“ hätten die größten Optimisten wohl nicht mehr gerechnet. Das hier ist nicht mehr „The Blackening“, das übertrifft schon fast „Burn My Eyes“-Niveau. Auch hier zeigt sich, was für eine Wucht Vogg in die Band einbringt. Das Solo sägt sich fast schon SLAYER-mäßig durch die Gehörgänge. Wie auch immer Flynn auf den eher (noch) unbekannten Matt Alston (SANCTORUM) gestoßen ist – es war eine seiner besten Ideen.

Alstons Geschwindigkeit und Vielseitigkeit eröffnet MACHINE HEAD ähnlich neue Wege, wie damals Alex Bent für TRIVIUM. Gerade im Zusammenspiel mit Vogg liefert er sich ein Feuerwerk nach dem anderen. Songs wie „Become The Firestorm“ wären unter McClain und Demmel wohl nicht möglich gewesen.

Aus Fehlern gelernt

Es scheint auch so, als ob sich Robb Flynn die Kritiken an „Catharsis“ sehr zu Herzen genommen hat. Mal von der stilistischen Auslegung abgesehen, war es vor allem die unnötige Länge, die hier besonders vielen aufgestoßen ist. Mehr Klasse statt Masse wurde daher gewünscht. Und die legen MACHINE HEAD auf „Øf Kingdøm And Crøwn“ nach. Nahezu kein Song wirkt hier unnötig oder zu viel des Guten. Selbst das vielleicht etwas blockige „My Hands Are Empty“ hat seine großartigen Momente, die bleiben werden. Auch die Zusammensetzung der Songs auf dem Album wirken nahezu perfekt. So bilden „My Hands Are Empty“ und „Unhallowed“ ein geschlossenes Momentum im Zentrum des Albums, dass auch harten Kerlen Gänsehaut bereiten wird. Wenn man vielleicht Kritik üben möchte, dann vielleicht an den drei Interludes, die das Album nur in die Länge ziehen sollen. Sie sind aber Teil des Konzepts und – anders als bei so manch anderen Alben – nicht unnötig platziert. Vielmehr runden „Overdose“ und „Assimilate“ das erwähnte Momentum nur noch zusätzlich ab. Wer natürlich aber Banger auf Banger verlangt, könnte sich hier in seinem Adrenalinrausch gestört fühlen.

MACHINE HEAD krönen sich selbst

Neben neuer Härte präsentieren MACHINE HEAD auf „Øf Kingdøm And Crøwn“ aber vor allem eines: Den Mut zu großer Vielseitigkeit. Denn neben eiskalten Bangern am Anfang des Albums, zeigen sie in der Mitte, dass sie vom Gaspedal runtergehen können und dennoch überzeugen können. Songs wie „Unhallowed“ und „Kill Thy Enemies“ sind deutlich langsamer und grooviger, ziehen einen aber in ihren ganz eigenen Sog.

Die mächtigen „No Gods, No Masters“ und „Rotten“ holen einen wieder aus seinem Sessel hervor und laden in den nächsten Moshpit ein. Mit „Arrows In Words From the Sky“ verabschieden sich MACHINE HEAD mit epischem Groove, der es in sich hat. Rundherum ist MACHINE HEAD ein wirklich großes Album gelungen, das nach „Catharsis“ und den anschließenden Problemen wohl kaum jemand erwartet hätte. Es wäre infam hier von einem neuen „The Blackening“ zu reden. Dafür sind beide Alben in sich zu einzigartig in ihrem Konzept. „Øf Kingdøm And Crøwn“ kommt diesem aber verdammt nahe.

23.08.2022
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