Lyriel - Autumntales

Review

Betrachtet man das vorliegende ein wenig plakative Cover von LYRIELS neuer Veröffentlichung
„Autumntales“, so könnte man von der geballten Ladung Herbst zunächst in einen nahezu kathartischen Zustand versetzt werden: Brauntöne mischen sich mit seltsam verschlungenen Ornamenten, Raben zieren das runenhafte Logo, fast meint man entsprechendes Gekrächze zu hören, der eigentlich obligatorische angebrochene Schmetterlingsflügel fehlt hier zwar, dafür schaut eine junge Maid sehnsüchtig westwärts gen Abend, allen Seelenschmerz abstreifend. Und damit wirds also wieder nix mit wilder Raserei der Sorte „When Autumn Storms Come“, sondern der Hörer darf sich auf romantisches Liedgut mit klingenden Trauertiteln wie „First Autumn Days“ oder „Wild Birds“ einstellen. Soll heißen Gothic mit trällerndem Elfengesang, wie ich mal vorurteilsfrei annehme. Gegründet 2003, verstehen die sieben Gummerbacher ihre Musik als Mischung aus Elementen von
„Blackmore’s Night“, „Within Temptation“ und
„Nightwish“ durchsetzt mit Folklore und Mittelaltermusik. Nun denn, es sei, dann mal rein in den Schacht mit dem Teil…

Ein Intro entführt in „Autumntales“, es nennt sich „First Autumn Days“ und wird von Violine und Schlachtendrums dominiert. Am Ende steigert es sich dramatisch, ein nettes Folklore-Thema erklingt, das an Irland, aber auch den hohen Norden gemahnt.
„Surrender In Dance“ ist ein folkloristischer Song, ein fröhlicher Tanz, mit hin und wieder wehmütigen Untertönen. Der holde weibliche Gesang, intoniert von Jessica Thierjung, paßt gut zum angestrebten Barden-Lagerfeuer-Wald-und-Wiesen-Zwielicht, irgendwie muß man auch an ein Dorf denken, dessen Bewohner noch kein fließendes Wasser, kein elektrisches Licht, ja noch nicht einmal Landauer kennen, ihre Haustiere im Wohnraum als Untermieter halten und ansonsten gerne raufen, feiern und mindestens 12 Kinder ihr eigen nennen. „Memoria“ feiert munter weiter, im Track „My Favorite Dream“ wird das Tempo gedrosselt, hier wiegt sich die Sängerin sanft im Abendwind, den Blick melancholisch gestimmt in die Herbstnacht gerichtet, von einschmeichelnden ein wenig kitschigen, aber netten Melodien eingelullt. Wehmütige Erinnerungen an das gemeine Schicksal von William Wallace kommen auf… Übrigens gab in diesem Song noch die im letzten Jahr so jung verstorbene Sabine Dünser (R.I.P.), Sängerin der Gothic-Band ELIS, ein Gastspiel an den Vocals.

„The Promised Land“ erinnert dann wirklich an Candice Night, „Days Of Yore“ atmet deutlich NIGHTWISH-Attitude, gerade auch am Ende. Was jetzt Keyboard, was Holzinstrumente sind, ich vermag es nicht immer zu erkennen. Die Gitarren sind bis auf den Opener zumeist im Hintergrund zu hören, dennoch gibts durchaus Schmackes. In „Fairyland“ kontrastiert männlicher Gesang mit der lieblichen Trällerprinzessin, hier merkt man spätestens, woran es dieser Art Musik bisweilen mangelt: weniger an Abwechslung als vielmehr an Tiefe und kompositorischer
Rafinesse, zuvieles ist ähnlich arrangiert, immer diese an Shantys angelehnten Rhythmen, das ist gut zum Feiern, live, auf dem Marktplatz, am Hafen, daher geht mir manchmal ein wenig die Aufmerksamkeit verloren, wenn ich das als Studiomusik genießen darf. Andererseits besteht ein großer Vorteil von LYRIEL darin, dass Vocalistin Jessica auch normal phrasiert und keineswegs einen Stimmenüberschlag nach dem anderen vollführt, ein Element, das die Kolleginnen ja oft überstrapazieren. Und die Songs sind nicht zu sehr mit Bombastplüsch überladen; es erklingt eher eine verwundbare Stimme hinter dem frohsinnigen Vorhang, hier wird also keinesfalls selbstverliebte Trauer zelebriert oder Baumrinden-Esoterik vollzogen. Und das ist gut so.
Die Ballade „Autumntales“ lädt zum Atemholen ein, bevor wieder zünftig gefeiert wird. Für die restlichen
Songs des Albums gilt das Obengenannte. Soviel noch:
„Hijo De La Luna“ ist ein Cover des gleichnamigen Songs der spanischen Combo MECANO und als Bonus gibts eine alternative Fassung von „My Favourite Dream“, die nur von Sabine Dünser eingesungen wurde. Und die trällert dabei in bedeutend höheren Tonlagen als Jessica. Und als besonderes Schmankerl gibt es noch einen Videomitschnitt des Songs „Lind E-Huil“ vom Juli letzten Jahres, als die Band das Celtic Rock Open Air bereicherte.

Es ist nicht alles reines Gold, auch Silber nicht immer, aber ganz nett gemacht und besser als ELIS ist es auf jeden Fall. Und sie haben sich glücklicherweise
nicht am Mittelaltergegröhle solcher Bands wie IN EXTREMO, SCHELMISH, CORVUS CORAX und Konsorten orientiert. Gothic-Maniacs, die sich für AFTER FOREVER, LACUNA COIL, DARGAARD, WITHIN TEMPTATION oder BLACKMORE’S NIGHT interessieren, aber auch solche, die KATE BUSH, THE POGUES, FLOGGING MOLLY oder THE MEN THEY COULDN’T HANG zu ihren Faves zählen, und nicht zuletzt die, die immer und überall feiern, könnten ein Ohr riskieren, vielleicht auch zwei.

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25.01.2007

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