Das „Dark“ in „Dark Rock“ ist für viele Menschen und Musiker eine sehr subjektive Sache. SLIPKNOT wollten 2004 mit ihren „Subliminal Verses“ durch ausgefeilte Instrumentierung und ungewohnt viel Melodie ein neues Kapitel der Düstermusik aufmachen und wurden für das Ergebnis von Fans und Presse ziemlich belächelt. Und währenddessen sind Bands wie LACRIMAS PROFUNDERE zur Speerspitze des Gothicrocks im deutschsprachigen Raum aufgestiegen, obwohl sie im Kern noch dasselbe wie vor fünfzehn Jahren machen. Was ich deutlich weniger beklemmend finde, zumal sich auch die verwendeten Akkorde und Spielweisen in dieser Zeit kaum verändert haben und regelmäßig von neuen Gruftibands mit denselben kitschigen Keyboardgriffen ausstaffiert werden. LYDIA’S GEMSTONE ist einer dieser Klone, die sich trotz einiger netter Ansätze nicht über das Niveau tolerierbarer Genervtheit hinweg bewegen.
Und das, obwohl der Anfang mit „The Lunar Threnody“ und „PanDemonIum“ erstmal ordentlich wegrockt. Gerade zweitere Nummer überzeugt mit groovigen Strophen, schicker Gitarrenarbeit und einem Refrain wie aus den besseren TIAMAT-Alben. „Karmageddon“ ist anschließend zwar auch nicht übel, hinterlässt aber schon einige Längen. Was danach kommt, kann man größtenteils unter „ferner liefen“ einordnen. Rockige Songs wie „Interitus“ können sich nicht mehr über ihre Spielzeit retten und powerballadeskere Nummern wie „Black Oak Wood“ wollen zwar düster sein, sind aber wegen viel zu langgezogener Akkorde und wenig Abwechslung in erster Linie nervig. Besonders irritiert hat mich „Noir“, was seitens der Band auf Myspace oder Youtube gern als Aushängeschild von „The New Melancholy“ promoted wird, obwohl es trotz einiger elektronischer Spielereien einen unerträglichen Kitschfaktor hat. Natürlich sind die Beherrschung von Harmonielehre und Fingerfertigkeit an Gitarre und Bass kein Garant für einen guten Song. Aber im Gothic-Rock-Bereich fällt auf, dass ein Mangel an beiden unverhältnismäßig oft toleriert wird und dann auf Alben in endlosen Powerchords und pseudodüsteren, uninspirierten Akkordwechseln mündet. Gerade die zweite Hälfte der Platte muss sich diesen Vorwurf recht oft gefallen lassen und funktioniert einfach über weite Strecken nicht.
Auch die okaye Produktion kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass „The New Melancholy“ weder neu noch melancholisch ist und mit einem Aufguss altbekannter Gruftirockschemata was den Titel betrifft glatten Etikettenschwindel betreibt. Live können vielleicht die schwarzen Uniformen der Bandmitglieder noch was hermachen, aber auf dem Album geht jede Form von Atmosphäre über weite Teile flöten. Immerhin sind einige Rockriffs, sowie das Cover ganz nett. Den Rest kann man sich ja auf dem nächsten Wave Gothic Treffen nochmal beibringen lassen.
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