Lunar Mantra - Genesis

Review

Noise muss sich jederzeit der Frage aussetzen, inwiefern es sich dabei um Musik handelt. Ob es gezielt eingesetzt wird, um das musikalische Spektrum zu erweitern oder dieses gar in Frage stellt. Ob es Elemente sind, die sich selbst genügen und allein durch Argumente wie „Es dient der Atmosphäre“ beständig sind. Akustisch gesehen handelt es sich um ein Geräusch, wenn keine periodische Schwingung zu verzeichnen ist. Das heißt, dass das Oszillogramm unterschiedlich stark, an scheinbar willkürlichen Punkten, ausschlägt, wodurch es sich von der periodisch nachvollziehbaren Welle eines Tons unterscheidet.

Metal als solcher arbeitet oft genug mit einem Geräuschelement: gutturalem Gesang. LUNAR MANTRA arbeiten sowohl mit jenen kehlig verzerrten Vocals als auch mit dem, was sich gemeinhin „Noise“ oder „Drone“ nennt. „Genesis“ einleitend und schließend stehen reine  Geräuschkompositionen. Davon umrahmt finden die Black-Metal-Songs ihren Platz. Diese sind teils melodisch, teils monoton polternd und teils sphärisch getragen.

Black-metal-typisch ist der Sound verhallt, wodurch die Musik räumlich nach hinten rückt. Dennoch sind alle Instrumente gut heraushörbar – sogar der Bass. Die signifikante Verwendung kleiner Sekunden und kurzer Akzente durch große Sprünge zu ebenfalls dissonanten Intervallen auf rasend schnell gespielten Gitarren bilden die Basis der Songs. Auffällig ist, dass die Drums selten mit blinder Rage antworten, sondern rumpelnde Double-Bass und viel Beckeneinsatz ein gemächliches Tempo entgegnen.

Soweit, so bekannt. Das Alleinstellungsmerkmal sollen also die Noise- oder Ambient-Fragmente bilden. Akustisch gesehen gliedern diese sich einfach in den hallend verzerrten Klang der Gruppe an, der von vornherein geräuschhaft ist. Ästhetisch betrachtet gelingt es LUNAR MANTRA selten, Klang und Geräusch zu verbinden. Zu simpel ist ihre Herangehensweise. Zu selten wird ausgelotet, weshalb Drones und Noises einen Mehrwert für die Songs haben können. Sie sind eine Spielerei, die als Steigerung der Disharmonie besteht und daher das Superlativ einer musikalischen Klimax bildet. Als solche wird sie in der Ritualmusik des Quartetts jedoch nicht eingesetzt, weshalb eine tranceartige oder verstörende Wirkung, wie sie zum Beispiel WOLVSERPENT erzeugen, ausbleibt.

Das schottische Quartett LUNAR MANTRA vertont mit „Genesis“ kaum eine Geburt. Vielmehr einen nihilistischen Lebenszyklus. Aus dem Nichts wird etwas geboren, beginnt sich voll dunkler Wut zu festigen und entschwindet zu guter Letzt zurück im Nichts des Rauschens. Das „Mini-Album“ vermag es oft genug, auf sich aufmerksam zu machen, doch hält sich für atmosphärisch dichter als es in Wahrheit ist. Die Geräuschelemente sind mitnichten eine Bereicherung, sondern vielmehr die Inszenierung einer „Ursuppe“, die „Genesis“ einen esoterischen Atem verleihen soll. Damit diese Facetten einen Mehrwert bekommen, müssen sie anders eingesetzt werden. Sie müssen mehr mit der Musik in Verbindung stehen, darin eingewoben werden, statt lediglich autark Anfang und Ende auszumachen. Es mangelt an der angesprochenen Nachvollziehbarkeit, die aus Geräusch Klang macht. Vielmehr verbleibt auch der Black Metal in einer nebulösen Willkür, die zu sehr festgebrannten Genrestandards folgt.

19.11.2015

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