Lunar Aurora - Hoagascht

Review

Ein kurzer Rückblick: Das Jahr 2007 hatte gerade begonnen, als sich LUNAR AURORA mit „Andacht“ auf unbestimmte Zeit, wenn nicht gar für immer, verabschiedeten. Umso länger sich das Rad der Zeit drehte, umso größer wurde die Skepsis, ob die Oberbayern je zurückkehren würden, waren sie doch in anderen Projekten involviert. Mitte 2011, mehr als fünf Jahre später kam dann die Ankündigung, LUNAR AURORA seien mit den Arbeiten mit einem neuen Album beschäftigt. Allerdings ohne Sindar (KAMERA OBSKUR, MORTUUS INFRADAEMONI), dafür ist Whyrhd (Ex-NOCTERNITY) neben Aran (TRIST) wieder mit an Bord. Das Hier und Jetzt heißt „Hoagascht“ und findet endlich den Weg an die Öffentlichkeit – nach knapp sechs Jahren Funkstille ist eine der dienstältesten deutschen Black Metal-Bands wieder zurück!

Das Duo hätte es sich einfach machen können – schließlich ist „Andacht“, abgesehen einiger kritischer Stimmen, sehr gut angekommen – einfach den zuletzt eingeschlagenen Pfad weiterzuverfolgen. Aber „Hoagascht“ ist schon ziemlich überraschend und hat mit „Andacht“ relativ wenig gemein, eher mit früheren Werken. Allerdings sind auch hier direkte Vergleiche fehl am Platz, denn auch das nunmehr neunte Album ist ziemlich eigen und trägt trotzdem die unverwechselbare Handschrift seiner Erschaffer. Es geht rauer zu als zuletzt auf „Andacht“, erdiger und, wenn man so will, spürbar natürlicher. Die Riffs sind einfach gehalten, das Schlagzeug gibt den Rhythmus vor, und durch alles hindurch wabern dicke Synthie-Nebel, die selbst den schnellen Passagen eine unheimlich bedächtige Atmosphäre bescheren. Schnell fällt auf, dass auch das programmierte Schlagzeug kein Problem darstellt, allerdings hatte ich schon auf „Andacht“ kein Problem damit. Eine kleine Besonderheit stellen sicher die Texte dar. Gänzlich in oberbayrischem Dialekt gehalten, brauchen die knurrenden Vocals eine kurze Eingewöhnungsphase, fügen sich aber spätestens nach dem zweiten Hördurchgang wunderbar in die gesamte Stimmung des Albums ein.

„Hoagascht“ atmet förmlich die Natur ein und ein vernebeltes, nach Moos duftendes Abbild wieder aus, wobei die Assoziationen der Stimmung, die das Album erschafft, vermutlich weitreichend und völlig subektiv sein dürften. Einzelne Favoriten herauszupicken, entpuppt sich beinahe als aussichtslos, denn schon der Opener „Im Gartn“ empfängt einen mit einer beinahe hypnotischen Stimmung. „Nachteule“ schließt sich machtvoll an, und auch „Sterna“ hält ein entwaffnendes Lead parat. So taucht man immer weiter hinein in die Welt von „Hoagascht“ und trifft auf weitläufige Synthie-Landschaften, allerhand Hintergrundgeräusche, die aber nie unpassend wirken, und sich gewaltig auftürmende Gitarrenwände. Leider wird man zwischenzeitlich aus dem bedächtigen Tempo hinausgerissen und zum Beispiel bei „Håbergoaß“ ziemlich unvermittelt mit einem flotten Song überrollt, der die eindringliche Stimmung des restlichen Albums nicht halten kann. Das bleibt aber eine der wenigen Ausnahmen, und als man schlussendlich mit „Reng“ aus einem wunderbaren Album geleitet wird, hat man das Gefühl, einen alten Bekannten endlich erneut getroffen zu haben.

Zwar hat man LUNAR AURORA nicht vergessen, doch die Hoffnung auf ein Wiederhören sank mit jedem Monat mehr; umso erfreulicher, dass mit „Hoagascht“ eine wahrhaft gelungene Wiederkehr zu bestaunen ist, bei der auch die Produktion passend natürlich gewählt wurde. Allerdings, und so ehrlich muss man sein, ist „Hoagascht“ verglichen mit der eigenen Diskographie sicher nicht das Meisterwerk schlechthin, und neben „Weltengänger“, „Aris Morendi“, „Seelenfeuer“ und „Zyklus“ rangiert auch „Andacht“ noch ein kleines Stück über Album Nummer neun. Das mindert die Klasse von „Hoagascht“ aber nicht – für Fans der Band ein Pflichtkauf, für Neueinsteiger auf alle Fälle eine Empfehlung.

28.02.2012

Chefredakteur

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