Zeit, Auf Wiedersehen zu sagen.
Mit „Andacht“, ihrem achten Album, verabschiedet sich Deutschlands älteste einflussreiche und noch aktive Black-Metal-Institution in eine Pause von unbestimmter Dauer. Glücklicherweise ist „Andacht“, auch wenn es den Charakter eines Resümees trägt, kein typisches Abschiedsalbum. Im direkten Vergleich zum Vorgänger „Mond“ ist die Platte zwar wesentlich melancholischer und zurückhaltender ausgefallen, aber das waren Alben wie „Of Stargates And Bloodstained Celestial Spheres“ und vor allem das tieftraurige, düstere „Elixir Of Sorrow“ auch. Dass dieser vorläufige Schwanengesang auch für sich bestens bestehen kann, verhindern auch die häufigen (unbewussten?) Querverweise in die eigene Geschichte nicht. Das Coverartwork erinnert zwar eindeutig an „Elixir Of Sorrow“, Worte wie „Weltengänger“ und „Seelenspiegel“ lassen Kennern der ersten beiden Alben einen nostalgischen Schauer über den Rücken treiben – trotzdem hat „Andacht“ eine eigene, gereifte und sehr schlichte Ästhetik.
Was das Album besonders und (wie alle Vorgänger) einzigartig werden lässt, das sind die vermeindlichen Kleinigkeiten. Es ist ein schönes Gefühl zu bemerken, dass und wie eine Band auch nach zwölf Jahren und einem Dutzend Veröffentlichungen bereit und gewillt ist, Neuerungen in ihren Sound einzubringen. Niemand hätte vermutlich gedacht, dass LUNAR AURORA einmal ein ganzes Album hindurch nur programmiertes Schlagzeug einsetzen würden. Oder klaren Gesang, sympathisch unsauber. Tief sakrale Choräle. Fast ein Fünftel des Albums besteht aus ambienten Liedanfängen, die mitunter reichlich verstörend ausgefallen sind und nicht weniger Gänsehaut erzeugen als die metallischen Passagen der Stücke.
Natürlich hört man aber auch auf „Andacht“ heraus, dass es LUNAR AURORA sind, die spielen. Alleine die endlich wieder perfekt eingearbeiteten und in Szene gesetzten Synthesizer sind so charakteristisch, dass man sich in den Stücken sofort eher wohl und aufgehoben als von ihnen verstört und abgestoßen fühlt.
Die sehr wuchtigen, rhythmischen Gitarren treten diesmal ein wenig in den Hintergrund, innerhalb der 54 Minuten sind die Stellen mit auffälliger Leadgitarre an einer verstümmelten Hand ab zu zählen. Dazu treibt das (wie gesagt: programmierte, aber recht organisch wirkende) Schlagzeug lange Passagen hindurch die sehr einprägsamen Riffs im Midtempo voran, mit mehr Doublebass als Blastbeats. Das führt dazu, dass keines der sechs Stücke hektisch, überladen oder zu komplex wirkt. Im Gegenteil ist „Andacht“ das mit Sicherheit Zugänglichste und auch Eingängigste, was man in LUNAR AURORAs Diskographie findet. Schon nach einmaligem Hören graben sich Refrains wie die von „Glück“, „Dunkler Mann“ oder die bis zur Extase (des Musikers UND des Hörers!) wiederholte Passage „Wieder und wieder / kommt das Nichts hernieder / Wieder und wieder / erklingen seine Lieder“ in das auditive Gedächtnis ein wie eigentlich kaum ein LUNAR-AURORA-Stück zuvor. Im Grunde kann man damit „Andacht“ nur schwerlich noch als Black-Metal-Album bezeichnen, obwohl es die meisten äußeren Anzeichen dafür aufweist.
Diesen Eindruck bestätigen neben den erstmals vollkommen ungeschminkten und sehr neutralen Bandfotos auch die diesmal rein deutschen und ungewohnt zugänglichen Texte. Zwar schrammt die Band in der einen oder anderen Formulierung hörbar an der Trennwand zum Pathos entlang, durchbricht sie aber nie und setzt auch dieses Stilmittel gewinnbringend für das Gesamtwerk ein. Wer aufmerksam und unvoreingenommen liest, wird in den Texten zu beispielsweise „Geisterschiff“ oder dem passend und unübertroffen eindringlich abschließenden „Das Ende“ wunderschön selbstreflektierende Gedanken finden. Die Gabe zu so atmosphärischer Wortmalerei ist nicht jedem gegeben. Die zu einer so zerbrechlichen Stimmgewalt im Übrigen auch nicht. Aran, der das erste Mal den überwiegenden Teil des Gesangs übernommen hat, schreit und jault herzerreißend emotional. Was man dabei zu Ohren bekommt, ist zum größten Teil wirklich atemberaubend gut.
Das gilt aber im Grunde für das ganze Album, das eine einzigartig moorige, zeitlose Aura umgibt, wie man momentan keine vergleichbare finden kann. Zumindest mir liegt diese Atmosphäre weit mehr als die eher ruppige, sterile, rasende Kälte von „Mond“.
„Andacht“ ist also, allen Befürchtungen entgegen, kein Grund zur Trauer, sondern eindeutig zur Freude. Wer bei einem Vers wie „Doch die dunkelste Stunde / ist jene vor dem Sonnenaufgang / Und die schlimmste Wunde / Ist jene vor dem Werdegang“ noch nicht weiß, was die Stunde für die Zukunft von LUNAR AURORA und ihren Kopf Aran geschlagen hat, der löse sich schnellstmöglich von dem derzeit überall angestimmten und völlig unpassend affektierten Geheule über das Ende dieser Band. Denkt noch einmal scharf nach. Ja, richtig. Wir erleben hier nicht das Ende, sondern vielleicht erst den Anfang eines musikalischen Tiefenrausches.
Oh oh, so viel Lobesgejaule, daß kann eigentlich nur nach hinten los gehen, solche Reviews sind nie wirklich zutreffend und sehr sehr mit Bedacht zu genießen, wenn nicht ein Funken Kritik zu vernehmen ist. So etwas gibt es nicht! Nein, dieser Fisch stinkt eindeutig sehr faul und mir ist jetzt schon richtig Angst und Bange vor dem Album. Kein verlorenes Wort über den Klang der Produktion, absolut essentiell für jedes Black Metal Werk, bestätigt meine Befürchtung, daß Alboin hier 100%ig viel zu dick aufgetragen hat und ich schleunigst meine Erwartungen runterfahren muss, da die dicke Enttäuschung sonst nicht mehr abzuwenden ist.
Also ich bin der Meinung alboin trägt nicht zu dick auf. Aber wenn dich der Klang so sehr interessiert: (Mal davon abgesehen, dass Lunar Aurora den Klang eines Album immer dem Gefühl, das es geben soll, anpasst). Als Basis(!) dient der erdige Sound von Mond. Hinzu gesellt sich aber ein (atmo-)sphärischer Klang, der "Of Stargates…" recht ähnlich ist; teilweise sogar auch "Zyklus". Aber die Produktion ist klar und druckvoll. Treffend für Andacht. Natürlich könnte man das Album kritisieren, aber ich denke – das wird sich wohl alboin auch bewusst sein – es wäre bloß subjektiv. Auch wenn man so eine Musik nie objektiv betrachten kann, sollte man versuchen Kritik wegzulassen, die zu sehr subjektiv ist. Mir persönlich klingt die Stimme teilweise zu gekreischt – eben nicht rauh genug. Auf "Zyklus" und "Elixir…" hat es mir besser gefallen. Aber das ist eben bloß eine subjektive Meinung und ich denke es passt dennoch zum Album, somit stellt es für mich wiederum kein Manko dar. Bezüglich Produktion, ist es wie schon gesagt: Alboin kümmert sich nicht darum, weil es für ein Kunstwerk, wie Andacht es ist, nicht der Rede wert ist, ob die Produktion jetzt passend für Black Metal ist oder nicht. Das ist Alboin genau so egal, wie es für Lunar Aurora selber auch ist… und das ist auch gut. Im Grunde passt es auch nicht zu Black Metal. Wenn dich Andacht enttäuscht, dann nur weil du zu sehr auf die musikalische Ebene achtest und nicht was sich dahinter bzw. darin befindet! Dafür ist Lunar Aurora genauso wenig schuld, wie auch die Produktion es nicht sein wird.
Dazu währe hier "der Findling" zu erwähnen. Ein Lied das einzig pure fesselnder melancholische Schönheit ist und der Blackmetal nur ihm Hintergrund aggiert. Kann für manch einen Misanthropen nicht erträglich sein, für einige Ästheten ein Verzücken. Bei dem Refrain "Wieder und wieder…" folgt der finale Geniestreich mit den dabei eingesetzen Keyboards ihrem kalten astralen Klang contrapunktieren zu der erwähnten Extase dieser Stelle. Aran brüllt oft wie ein aufgespießter besoffener Auerochse, das ist schlecht. Es bereichert und verstärkt meiner Meinung nach nicht das Repertoire
das album hält in der tat, was erwartet werden darf von lunar aurora. tiefer, dunkler black metal allererster güte. die produktion ist fantastisch, hallig und diffus einerseits, gleichzeitig druckvoll und mitreißend. mein großes problem ist einfach wieder der klare gesang, der derart schief und verhalten daher kommt dass es mir die zehennägel aufstellt. stört sich daran wirklich niemand? es kann doch nicht sein, dass eine derart altgediente band auf ihrem achten (!) studioalbum immer noch keinen ton an den clean vocals trifft, verdammt. schade. der rest ist für die ewigkeit gemacht.