„Lucifer II“ kam für Fans des düsteren, doomigen Erstlings der Band um die ehemalige THE OATH-Sängerin Johanna Sadonis – die eigentlich mittlerweile Andersson heißt – einem kleinen Schock gleich. Nicht nur den Ausstieg von Gitarrist Gaz Jennings (ex-CATHEDRAL) galt es zu verarbeiten, sondern vor allem die starken Veränderungen im Sound. Deutlich weniger Doom und dafür – vermutlich auch bedingt durch den Einstieg von Nicke Andersson (u.a. THE HELLACOPTERS) – deutlich mehr Vintage Rock gab es auf der zweiten Scheibe von LUCIFER zu hören. Auch in Interviews äußerte Sadonis, dass sie die Band immer eher im Bereich Heavy Rock gesehen habe. Wird „Lucifer III“ also den eingeschlagenen Weg weiter gehen, oder findet doch eine gewisse Rückbesinnung statt?.
LUCIFER – Gelungene Symbiose aus altem und neuem Sound
Geschmackvoller Vintage Rock prägt in jedem Fall auch den Beginn von „Ghosts“, der insofern einen recht nahtlosen Übergang zum Vorgänger bildet. Dennoch ist da diese gewisse Grundstimmung, die unterschwellig bereits von Beginn an auszumachen ist und spätestens ab der Songmitte das Böse vollends zum Vorschein kommen lässt. Die Vorab-Single „Midnight Phantoms“ erinnert wieder einmal an die ohnehin immer über LUCIFER thronenden BLACK SABBATH, wobei trotzdem eine gewisse Luftigkeit dem Song einen tollen Drive verleiht. Den Sahne-Refrain, der nur schwer wieder aus dem Ohr geht, haucht Frau Sadonis in ihrer einmalig verführerisch-beschwörenden Art, wodurch die Nummer eine gelungene Symbiose aus altem und neuen Band-Sound darstellt. Ähnlichkeiten zu einer gewissen maskierten Gruppe aus Schweden sind gerade hier allerdings auch nicht von der Hand zu weisen.
Den Preis für den besten Titel der Platte räumt zweifelsohne „Leather Demon“ ab, der mit rauchiger Bar-Atmosphäre beginnt und einen ordentlichen Seventies-Vibe versprüht. Auf dem dritten Langspieler wurde es dann wohl auch mal Zeit, einen Song direkt über den Gehörnten zu schreiben, vor allem wenn man sich schon nach ihm höchstselbst benennt. Die schmissige Nummer dürfte dem dunklen Lord, trotz des ein wenig albernen Ziegengemeckers zu Beginn, in jedem Fall gefallen, zieht sie die Schäfchen vor den Boxen doch schnell in ihren Bann.
In „Pacific Blues“ wird noch einmal deutlich, wie gekonnt der Sound des ersten und des zweiten Albums hier verschmelzen, indem ein pechschwarzes, relativ zähes Riff mit äußerst eingängigen Leads verknüpft wird, was den Song extrem zugänglich macht, ohne platt oder abgegriffen zu wirken. Ohne den Classic Rock wirklich zu verlassen wird es dann in „Coffin Fever“ gar relativ doomig. Aufgrund der hohen Qualität des restlichen Materials fällt die Nummer im Vergleich aber tatsächlich ein wenig ab. Noch viel mehr gilt dies für das lediglich grundsolide „Flanked By Snakes“.
„Stay Astray“ kann schließlich aber wieder eine Schippe drauf legen und geht besonders in Sachen Schwung erneut in Richtung Seventies-Rock, bei fast völligem Verzicht auf düster-okkulte Klänge. In „Cemetery Eyes“ kommt er zum Abschluss noch einmal richtig zur Geltung, dieser einschmeichelnde Gesang, für den man Johanna Sadonis einfach die Füße küssen möchte. Der simple, schwelgerische Chorus rundet einen der besten Songs der Platte ab, der zudem noch einen perfekten Rausschmeißer abgibt.
Lockerer Rock mit düsterer Kante – „Lucifer III“
Tatsächlich kehren LUCIFER auf Scheibe Nummer drei nicht zu ihrem Ursprungssound zurück. Dafür schaffen sie es, dem lockeren Rock ihres Zweitlings wieder eine düsterere Kante, eine verführerische Boshaftigkeit hinzuzufügen. „Lucifer III“ klingt wie aus einem Guss – vor allem scheint die Band endgültig mit sich selbst im Reinen zu sein und ihren Sound gefunden zu haben. Ja, ein paar deutliche GHOST-Anleihen sind zu finden, aber allein schon die deutlich stärkere Siebziger-Schlagseite und natürlich vor allem der unverwechselbare Gesang von Johanna Sadonis bzw. Anderssson bieten genug Alleinstellungsmerkmale. Das vielleicht wieder einmal wegweisende dritte Album ist mit Sicherheit – trotz etwas kitschigem Cover-Artwork – das bislang kompletteste und stimmigste Werk der internationalen Truppe. Einige Stücke fallen qualitativ etwas ab, aber mit drei absoluten Hits, einer Menge gutklassiger Songs und keinem einzigen Totalausfall braucht sich „Lucifer III“ vor der Konkurrenz keinesfalls zu verstecken.
Größter und wohl auch einziger Kritikpunkt ist, dass sich die Hits vor allem ganz am Anfang und am Ende der Scheibe befinden und dazwischen schon mal einiges recht ähnlich klingt. Wer mit okkultem Rock außerdem noch nie etwas anfangen konnte, der wird vermutlich auch von LUCIFER nicht bekehrt werden.
Nicht direkt schlecht, aber eher so Hintergrund-Lala. Könnte in ’ner Bar laufen, da es bei Gesprächen nicht stört. Wenn mir nach sowas ist, bleib‘ ich bei GHOST..
Geht’s mir ähnlich damit. Nicht schlecht, kann man hören, aber wenn schon bewusst, dann doch lieber anderes.
Ghost geht natürlich in der Richtung immer.
Sehr gutes Album. Die Songs sind ausdrucksstark. Keine esoterischen Abschweifungen. Zur Weltmacht gehören dann aber doch noch eingängigere Songs mit einprägsameren Melodie- oder Gesangsparts. Wobei wir hier schon auf einem perfekten Songwriting-Niveau sind. Keine Experimente, dann aber sind leider doch die Songstrukturen vorhersehbar. Wie das halt so ist bei kommerzieller Chartmucke die nur auf maximaler Audienz-Reichweite und Kohle-Schöffeln ausgelegt ist. Ist hier allerdings nicht der Fall.