Lotus Thief - Oresteia

Review

LOTUS THIEF kann man schnell als eine typische Prophecy Productions-Band einordnen, mit dem für diese Plattenfirma gewichtigen Fokus auf Atmosphäre und dem Überschreiten von Genregrenzen, hier im Spannungsfeld irgendwo zwischen Doom, Black Metal, Post Rock und Ambient. Die bisher erschienenen Alben „Rervm“ (2014) und „Gramarye“ (2016) beschäftigten sich mit antiken Texten wie den römischen „De Rerum Natura“ oder dem ägyptischen „Buch der Toten“ sowie den Erkenntnissen daraus für die Gegenwart. Nun veröffentlicht die Band aus San Francisco „Oresteia“ und nimmt damit Bezug auf die antike griechische Tragödie Orestie des Dichters Aischylos.

„Oresteia“ von LOTUS THIEF – eine Tragödie

Inhaltlich erzählt die als Bühnenstück-Trilogie angelegte Geschichte, was nach dem Trojanischen Krieg am Königshaus von Mykene geschieht. Eine Tragödie aus Ehre, Gewalt, Mord, Rache, göttliche Interventionen und schließlich Abkehr von der Kette aus Gewalt und Gegengewalt. LOTUS THIEF betten diese Geschichte auf „Oresteia“ in knapp 40 Minuten, das sind vier ausladende Songs, drei kurze, sphärische Ambient-Interludes und ein Outro. Musikalisch geht die eingeschlagene Entwicklung zwischen Doom, Black Metal, Post Rock und Ambient weiter. War das Debütalbum „Rervm“ noch stark an BOTANIST angelehnt, führen LOTUS THIEF die mit „Gramarye“ eingeschlagene Richtung souverän weiter, welche insbesondere auf atmosphärische Wirkung setzt. Orakelnder weiblicher Gesang mit rauchig-tiefer, kraftvoller Stimme trifft hier immer wieder auf dosierte, wütende Black Metal Schreie und tiefe Growls. Dann das melodische Gitarrenspiel, harschen Riffs, Geigen und sinfonische Synthesizer-Sounds, Blast Beats treffen auf sphärische Klangflächen, was teilweise und insbesondere aufgrund der wechselnden Dynamiken und Spannungen an ALCEST als auch NEGURA BUNGET erinnert. LOTUS THIEF bauen die vielfältigen, intensiven Songs mit mehreren Tempowechseln bewusst erzählerisch auf, was manchmal zugegebenermaßen auch langatmig und schwergängig wirkt. Verglichen mit den bisherigen Alben ist „Oresteia“ etwas heftiger und härter ausgefallen. Auf jeden Falls sollte das neue Werk von LOTUS THIEF am Stück und mit viel Zeit und Muse angehört werden, dann kann es funktionieren, zum Nebenbei berieseln ist es gänzlich ungeeignet!

11.01.2020

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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