LostAlone - Unleash The Sands Of All Time

Review

Ein bisschen verarscht habe ich mich Ende letzten Jahres gefühlt. Ein bisschen, wie sagt man so schön, gefickt vom Leben. PLACEBO haben 45 Euro gekostet, als ich gerade keinen Cent übrig hatte. MUSE haben irgendwo am anderen Ende der Republik gezockt. Und, schlimmerweise, was erzählt mir Herr B. ein paar Tage später? Sie waren so gut, wie man es auf der „Hullaballoo“-Live-DVD bestaunen kann. Und ich war nicht da.
Der Hammer war dann aber: ich packe diese kleine Mini (Maxi?) hier aus, schmeiß sie in den Rechner und denke: „verdammte Axt, was für ne geile Band, die muss ich dringend live sehen!“. Ich öffne die LOSTALONE-Homepage, lese was von „now touring Germany“, freue mich – und stelle fest: das Konzert war genau am Tag zuvor, und zwar 15 Kilometer weiter. Verdammte Hacke.

Warum mich das so aufregt? Weil LOSTALONE die mit wirklich weitem Abstand geilste Newcomerband im Alternativesektor sind, die ich dieses Jahr gehört habe. Die ARCTIC MONKEYS waren schon fett und sind es immer noch, aber die drei Jungs hier, ebenfalls aus England, toppen das noch. Dabei ist „Unleash The Sand Of All Time“ nur der Vorbote eines ganzen Albums, und wenn das über Longplayer-Distanz das Niveau zumindest der ersten beiden Tracks hält, dann werden die Herren Superstars. Ziemlich sicher jedenfalls.
Wenn nicht empfände ich das als grobe Ungerechtigkeit, wenn dann eben auf der anderen Seite PLACEBO und MUSE ganze Hallen füllen, die ARCTIC MONKEYS „das nächste große Ding nach den Beatles“ sein sollen und NIRVANA schon lange in den Rockhimmel aufgestiegen sind. Irgendwo dazwischen, stilistisch und auch qualitativ, bewegen sich LOSTALONE. Den Dialekt der MONKEYS, die Vocallines von MUSE, die donnernden Gitarren und wummernden Bässe von PLACEBO und das Grungefeeling späterer NIRVANA zu kombinieren, und das mit so sicherer Hand, das braucht mindestens einiges Talent, eher aber schon einen gewissen Genius. Den Groove aber, der den Tracks so richtig Feuer gibt, haben sie sich selbst ausgedacht.

Wie das zumeist bei richtig richtig guten Platten ist, fällt es einem als Rezensent schwer, alle Vorzüge so zu schildern, wie man sie empfindet. Das geht mir bei LOSTALONE auch so, auch wenn die Scheibe nur zwölf Minuten lang ist. Vielleicht kann ja jemand nachempfinden was es heißt, wenn man alle Refrains mitsingt, trotz Zeitmangels die Platte mindestens 50 Mal gehört hat und sich wie ein Kind auf das Album freut. Das sagt der Britpopper und Alternativist in mir. Und auch ein bisschen der Metaller, denn davon sind die Drei nicht weit entfernt. Ihre Songs sind organisch, einfach, treibend, anrührend und mitunter sogar recht aggressiv – und das alles bei einer ziemlich dreckigen, eben grungigen Produktion, die ein wenig an „Origin Of Symmetry“ erinnert.
Ich hoffe nur, dass ich das nächste Mal, wenn die Band in Deutschland ist, nicht auch schon 45 Euro ausgeben muss…

10.01.2007

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