Lost In Kiev - Rupture

Review

Wenn man an absolute Top-Bands im Bereich des instrumentalen Post-Rock bzw. -Metal denkt, fallen vermutlich zunächst eher Namen wie LONG DISTANCE CALLING, RUSSIAN CIRCLES oder auch THE OCEAN. LOST IN KIEV aus Paris sind zwar deutlich weniger bekannt, veröffentlichen aber seit Jahren konstant starke Alben – allen voran die letzte Scheibe „Persona“, die auch auf dem Label des THE-OCEAN-Masterminds Robin Staps erschien. Können die Franzosen mit ihrem vierten Longplayer „Rupture“ das hohe Niveau halten?

LOST IN KIEV – Gehen nicht auf Nummer sicher

Gleich der Opener „We Are“ macht deutlich, dass das Quartett in jedem Fall nicht auf Nummer sicher geht und einfach nochmal ein Album wie „Persona“ aufgenommen hat, das als Konzeptalbum in einer dystopischen kalten Maschinenwelt angesiedelt war, und dies über entsprechend im Vordergrund Synthesizer umsetzte, die auch oft die Melodieführung übernahmen. „Rupture“ geht hier eher einen Schritt zurück, erinnert vom Sound wieder etwas mehr an den Zweitling „Nuit Noire“.

Dennoch lässt sich keineswegs von einem Rückschritt sprechen, denn „Prison Of Mind“ geht mit dem Gastgesang von Loic Rossetti (THE OCEAN) neue Wege. Der zeigt hier auch seine komplette Bandbreite, von zarten, aber auch kraftvoll-warmen Clean Vocals bis zu angerautem Modern-Metal-Schreigesang. Dabei haben LOST IN KIEV gar nicht vor, den Song durch den Gesang auf Eingängig zu trimmen, vielmehr nutzen sie ihn um eine Intensität aufzubauen, die auch in „Squaring The Circle“ fortgeführt wird, dieses Mal erstmals auch durch dominantere Synthesizer.

Ein weiterer Unterschied zu „Persona“ fällt auch bereits von Beginn an auf: Auf den Einsatz von Sprach-Samples wurde praktisch komplett verzichtet. Das sorgt natürlich dafür, dass das Storytelling deutlich erschwert wird, denn das war zuvor trotz der instrumentalen Musik erstaunlich gut gelungen. Die Pariser setzen also wieder mehr auf Standard-Post-Rock-Zutaten, das aber auf konstant hohem Niveau. Neben dem hervorragenden, kraftvollen Drumming glänzt dabei vor allem die melodische Gitarrenarbeit von Dimitri Denat und Maxime Ingrand.

Mit luftig-träumerischen Songs wie „But You Don’t Care“ oder dem treibenden „Digital Flesh“ bildet „Rupture“ damit eigentlich das exakte Gegenstück zum düsteren Brocken „Gnosis“, dem aktuellen Album von RUSSIAN CIRCLES, die oft als starker Einfluss der Franzosen genannt werden. Ein paar etwas beliebigere Songs wie „Another End Is Possible“ oder „Dichotomy“ haben sich allerdings trotz des hohen allgemeinen Niveaus eingeschlichen.

Stark, aber nicht in allen Momenten überzeugend – „Rupture“

Ohne sich selbst zu wiederholen gehen LOST IN KIEV ihren Weg weiter, gehen mit „Rupture“ zwar einen kleinen Schritt zurück in Richtung des zweiten Albums „Nuit Noire“, vereinen letztlich aber die Stärken ihrer bisherigen Werke in gut 50 Minuten. Dabei setzen sie diese Zutaten sparsamer aber dafür auch oft effektiver ein. Das „Experiment“ in einem Song auch Vocals einzusetzen ist außerdem komplett geglückt, „Prison Of Mind“ ist einer der stärksten Songs der Platte.

Dennoch: „Rupture“ ist nicht nur weniger eingängig als sein unmittelbarer Vorgänger, sondern schafft es leider auch weniger gut, innerhalb der Songs nachvollziehbar Geschichten zu erzählen. Trotzdem, Genre-Fans erhalten hier nach wie vor ein starkes Album, das auch in Sachen Wall Of Sound an vielen Stellen überzeugen kann.

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23.10.2022

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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