Lorna Shore - Immortal

Review

Für LORNA SHORE hätte das neue Jahr kaum beschissener beginnen können: Nachdem kurz vor Weihnachten Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Sänger CJ McCreery laut wurden, trennten sich die verbliebenen Bandmitglieder von ihrem Frontmann. Ob, wann und in welcher Form „Immortal“, der Drittling des Deathcore-Gespanns, angesichts des schwerwiegenden Skandals überhaupt erscheinen würde, wurde unter Fans heiß diskutiert. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz bewahrte Bandkopf Adam DeMicco die Fassung und bat darum, „Immortal“ möglichst vorurteilsfrei zu betrachten und somit ihm und seinen Bandkollegen die Chance zu geben, die Musik der Platte in den Vordergrund zu rücken. Gesagt, getan – hier ist die Review zu „Immortal“.

LORNA SHORE – Geknüppel mit Hirn

Wie schon auf „Flesh Coffin“ überzeugen LORNA SHORE in erster Linie dank der perfekt aufeinander abgestimmten Balance aus roh-brutalen Nackenbrechern („Death Portrait“, „Obsession“) und atmosphärisch-melodischen Ansätzen, die im gemeinsamen Zusammenspiel das gesamte Potential hinter „Immortal“ voll entfesseln können. Dabei steht besonders der Mix aus treibend-teuflischen Breakdown- und Blastbeat-Infernos in Kombination mit dichten, unfassbar gut durchkomponierten Keyboardparts im Vordergrund („Immortal“, „Hollow Sentence“). Im Gegensatz zu vielen ihrer Genrekollegen blicken LORNA SHORE mit diesem Ansatz weit über den Tellerrand hinaus und stellen damit überdurchschnittlichen Deathcore, der einem klaren Konzept folgt, dem oftmals belanglosen Geballer verwandter Bands gegenüber.

Leider verlässt sich der Deathcore-Nachwuchs dabei eine Spur zu sehr auf das sonst eigentlich sehr vielversprechende Grundrezept, auf welchem „Immortal“ aufbaut. Gerade in der zweiten Hälfte des Albums wirken einige Songs weniger ausgefeilt und wiederholen sich dadurch in ihren Grundzügen immer wieder („King Ov Deception“, „Darkest Spawn“). Nichtsdestotrotz punkten LORNA SHORE mit herausragender Gitarrenarbeit, sehr guter Produktion und einer in sich stimmigen Grundidee, die zwar nicht bis zur absoluten Perfektion zu Ende geführt wurde, als neuer Genreansatz jedoch durchaus zu überzeugen weiß.

„Immortal“ – Auf dem richtigen Weg

Fans können beruhigt aufatmen: „Immortal“ ist definitiv gut genug, um die Diskussionen rund um die Zukunft von LORNA SHORE und den vakanten Sängerposten einmal komplett ausblenden zu können. Selten klang Deathcore so überzeugend böse, lieferte dabei zeitgleich jedoch auch dermaßen viel Atmosphäre und Melodie. Dennoch lässt der Drittling noch ein bisschen Luft nach oben, wiederholt sich hier und da deutlich hörbar und zeigt, dass LORNA SHORE durchaus noch etwas Arbeit vor sich haben. Dass sich die Jungs jedoch definitiv auf dem richtigen Weg befinden, hört man aus „Immortal“ klar heraus. Damit steigt auch gleich die Vorfreude auf Album Nummer vier – diesmal hoffentlich ganz ohne Skandale!

 

03.02.2020
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