Lord Of The Lost - Die Tomorrow

Review

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Zum dritten Mal in drei Jahren hauen die Hamburger von LORD OF THE LOST ein Studioalbum heraus, und wieder schaffen sie es mühelos, alle Erwartungen und den Sound des Vorgängeralbums zu übertreffen. Bereits seit Februar diesen Jahres wurde das neue Material – zur Freude der Fans – live auf der Tournee mit EISBRECHER erprobt, wodurch zwar viele Lieder schon bekannt waren und der Überraschungseffekt ein wenig verloren ging, jedoch der Mitsingfaktor beim erstmaligen Hören des Albums schon besonders hoch war.

LORD OF THE LOST beweisen auf den 12 Titeln der ersten CD, wie vielfältig ihr Sound ist, und wieder ist eine Weiterentwicklung zum Vorgänger „Antagony“ hörbar – poppiger vielleicht, airplaytauglicher, doch auch nochmals ausgereifter, und die Texte auch nochmals durchdachter. Der rote Faden des Albums bleibt immer hörbar, und wie schon beim Debüt „Fears“ und der Fortsetzung „Antagony“ beweisen die Fünf aus St. Pauli, wie sehr Liebe und Hass, Leben und Tod, Freude und Schmerz jeden von uns einnehmen und allgegenwärtig sind. Kein LotL-Album hat bis jetzt mehr Sex, Death und Rock’n’Roll, als es „Die Tomorrow“ hat.
Schon „Live Today“ zeigt, was der Grundsatz dieses Meilensteins ist: das Leben zu genießen. Auch „Die Tomorrow“, die erste Singleauskopplung, führt den Weg weiter fort. Dass LORD OF THE LOST nicht nur laut und textlich nicht ganz jugendfrei („Black Lolita“, „Shut Up When You’re Talking To Me“) können, zeigen unter anderem das Duett mit Ulrike Goldmann von BLUTENGEL, „Never Let You Go“, sowie die Midtemponummer „From Venus To Mars“ und die schaurig-schöne Ballade „See You Soon“, welche schon 2011 oft für Feuerzeugstimmung auf Konzerten sorgte. Ein mehr als runder Abschluss des Albums ist die Hymne „Credo“, welche mit den ersten Takten doch arg an „We Will Rock You“ erinnert, und textlich einer großen Gemeinde an Anhängern aus der Seele spricht.

Wie groß die Unterstützung ist, die LORD OF THE LOST als Band erfahren, zeigt sich nicht nur in der Tatsache, dass sie ein gern gebuchter Support sind, sondern auch in der wahnsinnig großen Kollaborationsbereitschaft innerhalb der Szene – Ulrike Goldmann von BLUTENGEL, Martin Engler von MONO INC. („Never Let You Go“), Alexander Wesselsky von EISBRECHER („Eure Siege“ bzw. „Your Victories“), Erk Aicrag von HOCICO bzw. RABIA SORDA („Marching Into Sunset“) – hochkarätiger und vielfältiger könnten die Gesangs- bzw. Songwritingpartner auf dieser Platte kaum sein. Besonderes Goldstück: die Zusammenarbeit mit Alexx Wesselsky ist gleich in 2 Sprachen auf der „Deluxe Edition“ zu finden.

Der wohl größte Coup gelang dem Quintett wohl mit dem Epos „Letters to Home“ auf CD 2, der den bisherigen Längen-Rekord eines LORD OF THE LOST-Tracks mit 20 Minuten mal eben verdoppelt. Wie die Dramenkurve baut sich der Song langsam auf, steigert sich extrem schnell, und „fällt“ zum Schluss hin melancholisch ab. Bereits bei „Revelation 13:18“ des Vorgängeralbums wollte die Kinnlade vor Erstaunen nicht mehr hochklappen, nach diesem Song ist aber endgültig ein Termin beim Kieferothopäden fällig. Hier zeigt sich der künstlerische Anspruch der Band, nicht nur dreieinhalb Minuten dauernde, Singles und verkaufstaugliche Songs zu schreiben, sondern sich selbst mit seinen Ideen und Ansprüchen auch gerecht zu werden.

Als Abschluss lässt sich sagen, dass LORD OF THE LOST mit dieser Platte das wohl bislang beste Album des Jahres für die schwarze Szene veröffentlicht haben, was nicht zuletzt an der kontinuierlichen Arbeit, dem Drang zum Perfektionismus, der unheimlichen Energie und vor allem an der immer hörbaren Liebe der Hamburger zur Musik liegt. Einflussmäßig könnte das Album nicht variabler sein: Kirchenglocken, Synthesizer, Akustikgitarren, Voiceboxen, F-Wörter in den Texten, grandiose Duette, tolle Aussagen und die immense Spielfreude machen „Die Tomorrow“ zu dem Album, das LORD OF THE LOST nach so kurzer Zeit endgültig in die Liga der ganz Großen katapultiert.

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05.09.2012

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