Lindemann - Skills In Pills

Review

Für viele Leute war es eine der überraschendsten Neuigkeiten der vergangenen Monate: Peter Tägtgren und Till Lindemann – zwei Ikonen ihrer jeweiligen Metal-Sparten – gründen ein gemeinsamen Projekt unter dem Namen LINDEMANN. Zwei talentierte Musiker, welche mit den Bands, in welchen sie groß geworden sind, das eine oder andere Meisterwerk geschaffen haben. Das hörte sich nach dem Fundament für eine großartige Paarung an. Die erste Ernüchterung folgte vor Kurzem mit der Veröffentlichung von „Praise Abort“. Die meisten Hörer zeigten sich aufgrund der hohen Erwartungen, welche sie an „Skills In Pills“ gesteckt hatten, wahrlich enttäuscht von dem Song. Besonders die textlichen Ergüsse von Till Lindemann stießen auf Missmut und es blieb nur zu hoffen, dass „Skills In Pills“ im Gesamtpaket eine bessere Show abliefert. Doch wie gut sind LINDEMANN wirklich? Ich kann die Enttäuschten beruhigen: So schlecht, wie alle nach der Veröffentlichung von „Praise Abort“ gedacht hatten, ist „Skills In Pills“ keinesfalls. Ein Überflieger ist die Platte allerdings auch nicht. Im Folgenden werde ich euch die einzelnen Songs vorstellen, damit ihr euch ein Bild von den Stärken und Schwächen der Platte machen könnt.

„Skills In Pills“: Anfangs wartet „Skills In Pills“ mit Industrial-Klängen auf, um kurz darauf mit einem kraftvollen, RAMMSTEIN-artigen Riff loszupreschen. Folgend gibt es geflüsterten, effektuntermauerten Gesang Till Lindemanns zu hören, welcher mich an „Benzin“ von RAMMSTEIN erinnert. Der Refrain macht den Song zu einer gelungenen Industrial-Nummer, welche mit an PAIN erinnerndem Riffing gefällt. Was wirklich sauer aufstößt, sind die Texte. Alter Finne, „I keep fucking all night long, orange is for…i don’t know.“ Muss ich noch mehr sagen? („Orange“ bezieht sich dabei auf eine der unzähligen Pillen, welche sich Lindemann während des Songs reinzieht. Dieser handelt nämlich vom Konsum diverser Mittelchen und ihrer Wirkungen auf das Sexualverhalten des Konsumenten.)

„Ladyboy“: Der zweite Titel ist ein solider Industrial-Song, hebt sich aber zu wenig vom Vorgänger ab, um den Hörer zu überraschen. Der Refrain geht auch hier gut ins Ohr – solange man den Texten keine gesonderte Beachtung schenkt. Im letzten Drittel des Songs wissen dezent eingesetzte Synthis zu gefallen und der Refrain rundet den Track passend ab.

„Fat“: „Fat“ beginnt mit Orgelklängen und einer episch anmutenden Kombination von schweren Gitarren und Synthis. „Your dirty swet, my sweetest potion, your armpits swampy, little oceans. Your flappy butthole, a soggy cave, i put in my parts and let them bathe.“ Das war dann der Moment, an dem ich „Fat“ nicht mehr ernst nehmen konnte. Instrumental ist der Song zwar solide, doch die Texte sorgen für so viel Muskelkater in der Gesichtspartie, dass man den Instrumenten ob des eigenen Lachens wahrscheinlich eh nicht mehr zuhört.

„Fish On“: Der vierte Titel von „Skills In Pills“ überzeugt Anfangs mit ausgefallenen und verspielten Industrial-Sounds und einer wuchtigen Saitenfraktion. „So i go fishing, by shiny night.“ *hüstel* Naja, wir wollen den Song nicht schlechter machen, als er ist. Denn „Fish On“ ist der bisher überzeugendste Song von „Skills In Pills“. Viel Power und insbesondere die tollen Synthis wissen zu begeistern und auch Lindemann macht im Refrain eine gute Figur.

„Children Of The Sun“: Solides Gitarrenriffing leitet den fünften Titel „Children Of The Sun“ ein. Leider rangiert der Titel in seinen fast vier Minuten durchgehend im Mittelfeld. Schlecht ist dieser nicht, doch Überraschungen oder besondere Momente sucht man vergebens.

„Home Sweet Home“: Akustische Gitarrenklänge dominieren den Anfang von „Home Sweet Home“ und Till Lindemann legt im Anschluss eine überzeugende Gesangsleistung an den Tag. Verzerrte Gitarren lassen den Titel kurz darauf zu einer verträumten Powerballade nach RAMMSTEIN-Art werden. „Home Sweet Home“ ist einer der gelungensten Songs von „Skills In Pills“, denn hier können LINDEMANN durchgehend überzeugen.

„Cowboy“: Genau wie „Fish On“ weiß „Cowboy“ mit überzeugenden und vertrackten Synthis zu gefallen, welche dem einen oder anderen Hörer jedoch zu elektronisch klingen dürften. Der Refrain erweist sich als kleiner, gemeiner Ohrwurm und wird live sicher für viele mitgröhlende Fans sorgen.

„Golden Shower“: Okay, Schluss mit lustig. „Golden Shower“ ist mit seinem punktgenauen und treibenden Gitarrenspiel zwar nett anzuhören, doch was Lindemann hier schon wieder textlich bereithält, ist an Peinlichkeit kaum zu übertreffen. Dennoch kann man insbesondere dem Refrain einen gewissen Charme nicht absprechen. Golden Showeeerrrrrrr.

„Yukun“: „Yukun“ ist ein unspektakulärer Lückenfüller, welchen man sich zwar nebenbei anhören kann, aber mehr auch nicht. Der Refrain macht Spaß und in instrumentaler Hinsicht gefällt „Yukun“, es fehlt allerdings das gewisse Etwas.

„Praise Abort“: Ganz ehrlich? Ich finde „Praise Abort“ mittlerweile richtig gut. Nachdem ich mir den Song unzählige Male angehört habe, kann er mich mit seinem Elektro-Charakter begeistern und auch Till Lindemann kommt mit seinem trashigen Vortrag darüber, wie sehr er sein Leben hasst und dass Sex ohne Pariser besser ist, richtig sympathisch rüber.

„That’s My Heart“: Der Rausschmeißer fungiert als Bonustrack und hält sich mit balladesker Charakteristik und melancholischer Stimmung eher ruhig, was für einen stimmigen Abschluss des Albums sorgt.

Fazit: Was soll man sagen? LINDEMANN haben viele ihrer ungeduldig wartenden Fans bereits mit „Praise Abort“ bitter enttäuscht und die hohen Erwartungen, welche die Musikliebhaber an dieses Projekt gestellt haben, können LINDEMANN nicht erfüllen. Dennoch ist „Skills In Pills“ keinesfalls so schlecht, wie viele Leute prophezeit haben. Einige Songs wie „Fish On“ und „Cowboy“ sind richtig gut und auch ein Großteil der anderen Nummern ist solide. Leider gibt es auch Totalausfälle wie „Fat“ und „Golden Shower“ zu verzeichnen. Im Gesamtpaket lassen LINDEMANN viel Luft nach oben und man kann gespannt sein, wie sich dieses Projekt, sollte es denn fortgesetzt werden, in Zukunft entwickeln wird.

18.06.2015
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