Limbonic Art - Phantasmagoria

Review

Noch heute werde ich ganz nostalgisch, wenn ich die Frühwerke von LIMBONIC ART auflege. Natürlich aus Erinnerung an eine Zeit, als Black Metal für mich noch etwas Neues, Mysteriöses und Faszinierendes war. Aber auch, weil die frühe Musik des norwegischen Duos wirklich packend war und ist. Die Mischung aus kaltem Black Metal und bedrohlich klingenden Einflüssen aus Klassik übt bis heute einen großen Reiz auf mich aus, auch fernab jeglicher Nostalgie sind den Burschen damals zeitlose Klassiker geglückt. Daher war ich auch nicht traurig, als die Band sich vor einigen Jahren auflöste, im Gegenteil, ich bewunderte ihre Entscheidung zu erkennen, dass sie in den Sphären LIMBONIC ARTs alles gesagt haben. Umso fader war der Beigeschmack der Reunion, die 2006 folgte, schließlich war „Legacy Of Evil“, das Werk ihrer Rückkehr, der beste Beleg dafür, dass sie es bei ihrer Entscheidung hätten belassen sollen.

Nun erscheint dieser Tage das neue Werk „Phantasmagoria“, Morfeus hat die Band mittlerweile verlassen und nun ist es Daemon allein, der die Geschicke meiner einstigen Helden zu lenken versucht. Mit wenig Erfolg, denn nach einem kurzen Intro fällt zuallererst einmal der völlig undifferenzierte Sound auf. Die Songs klingen extrem verwaschen, was den Hörgenuss sehr mindert, da man bei einer musikalisch opulent agierenden Band wie LIMBONIC ART die Feinheiten, die die Arrangements dieser Band ausmach(t)en, so gut wie gar nicht wahrnehmen kann.

Schade ist es aber andererseits auch nicht, denn das, was sich Daemon da aus den Fingern saugt, ist auch nicht unbedingt seine beste Arbeit. Vorbei die Zeiten, in denen klassischer Gesang auf fieses Gekreische traf oder herrliche Streicherarrangements auf sägende Gitarren. Man kann zwar nicht sagen, dass der Einzelkämpfer nicht versucht an alte Zeiten anzuknüpfen, nur will ihm dies offensichtlich kaum gelingen. Die meiste Zeit verirren sich LIMBONIC ART lieber in einer belanglosen Melange aus gängigen Thrash-Riffs und extrem penetranten Keymelodien. Da sind keine Geistesblitze, keine Überraschungsmomente oder Gänsehautmelodien.

Ein Song wie „Prophetic Dreams“ ist dafür das beste Beispiel. Auf das erste Hören wirkt es wie ein normaler LIMBONIC-ART-Song, doch hört man genauer hin, will man auf die Details achten, so stellt man fest: es gibt keine. Die frühere Verspieltheit, der Sinn für kleine, aber feine Breaks oder eine kurze Pianomelodie, ist einem waberndern Keyboardteppich gewichen, der von oft beliebig surrenden Gitarren untermalt wird. Auch die einst kraftvollen Chöre klingen nun schwach und sind im Klangchaos kaum noch zu vernehmen. Vielleicht liegt es auch nur teilweise an den Stücken selbst und gibt es diese Details noch, aber dann muss ich leider erneut den Sound bemühen, der es nicht zulässt, diese Feinheiten zu erkennen.

Gut, man muss nun zugeben, dass es sich eventuell etwas dramatischer liest, als es wirklich ist. Es befinden 70 Minuten Musik auf dieser Scheibe und auch wenn vieles im Argen liegt, so hat Daemon das Schreiben von Musik nicht vollends verlernt. In „Portal To The Unknown King“ zum Beispiel, blitzt das alte Genie noch durch, und es entsteht tatsächlich das Gefühl, es hier noch mit LIMBONIC ART zu tun zu haben. Dennoch kommt das Album als Ganzes betrachtet nie über das Mittelmaß hinaus, weil viele Teile die wirklich guten wieder aufwiegen.

Nun mögen manche Leser sagen, es liegt daran, dass Morfeus nicht mehr mit von der Partie ist, aber diese Ausrede kann und darf nicht gelten, denn auch ihr letztes gemeinsames Werk war keine Perle der Musikgeschichte mehr. Vielmehr habe ich den Eindruck, er hat erkannt, dass die Reunion keine gute Idee war.
Sei es, wie es sei, Fakt ist, dass „Phantasmagoria“ leider eine ziemliche Enttäuschung darstellt, die offenlegt, dass Daemon es scheinbar weder schafft, den Bogen zur Vergangenheit zu spannen, noch den Weg zu innovativeren Klängen zu finden. Schade.

21.07.2010
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