Lifelover - Sjukdom
Review
“Sjukdom” bedeutet Krankheit. Und nichts anderes ist das neue und vierte Album der schwedischen Meister des extremen Metals, LIFELOVER. Eine Krankheit, ein Virus, das sich durch die Gehörgänge in den Geist des Hörers frisst, sich einnistet, ihn infiziert und betäubt und versucht, ihn in den Wahnsinn zu treiben, in tiefe Depressionen zu stürzen, ihm die äußersten Abgründe und die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins aufzuzeigen und ihm misanthropische, suizidale Gedanken einzupflanzen.
Schon immer verstanden es die Schweden, pechschwarze Emotionen in depressive Klänge zu bannen, doch noch nie klangen LIFELOVER so verstörend, so geisteskrank, so abgrundtief hässlich und zugleich bittersüß bezaubernd wie auf “Sjukdom”. Zermürbend gleichförmige, aber genau deshalb so beängstigende und wirkungsvolle Riffgewitter brechen über dem Hörer ein und walzen ihn ein ums andere Mal nieder, während die irrsinnigen, befremdlichen, geradezu besessenen Schreie und gesprochenen Passagen von ( ) und B unentwegt auf ihn einprasseln und ihn zu durchdringen und zu verängstigen versuchen. Melancholische Piano-Melodien stürzen den Hörer immer wieder in tiefste Trauer und Wehmütigkeit, nur um ihn kurz darauf in einem kurzen lichten Moment wieder Hoffnung schöpfen zu lassen. Ruhige Depressive/Post Rock-Zwischenparts lassen den von der Krankheit Befallenen augenscheinlich aufatmen, rauben ihm jedoch hinterlistig, unterschwellig an ihm zehrend auch den letzten Rest Verstand.
Nach einer knappen Stunde schließlich erlöst “Sjukdom” den Hörer, entlässt ihn aus dem Wahnsinn und gibt ihm Gelegenheit, sich von der Tortur zu erholen. Nicht jedoch, ohne ein bleibendes Gefühl von Leere und Einsamkeit zu hinterlassen. Für Fans von LIFELOVER ein Pflichtkauf, Interessierte sollten sich jedoch darauf gefasst machen, sich diesem Bastard von einem Album nur sehr langsam annähern zu können.
Einziger Kritikpunkt: Auch wenn es den Schweden fast immer gelingt, einzelne Riffs und Passagen ins schier unermessliche zu dehnen, um die Spannung zu steigern, so reißen diese doch ab uns an beim Dehnen ein wenig ein, wirken zu krampfhaft in die Länge gezogen, worunter die ansonsten so dichte, fast greifbare Atmosphäre zeitweise leidet.