Insgesamt drei Jahre tüftelten LIFELESS an ihrem zweiten Album “Anhedonia”, das mit einem sehr herzlichen Begleittext geliefert wurde, aus dem an dieser Stelle ausnahmsweise einmal zitiert werden darf: “Diese Veröffentlichung ist allen gewidmet, die sich in diesem abschließenden Zustand, voll von Suizid-Gedanken, befinden”.
Was mit dem Intro-Song “Emp-ti-ness” noch sehr gediegen mit weißem Rauschen, einem Studioklavier und Sprechgesang seinen Anfang nimmt, entpuppt sich schnell als unlustige Ansammlung garstiger Trauermärsche im Mid-Tempo-Bereich.
Ein Konglomerat aus Trauer und Natur
Dabei geht die Band etwas a-typisch zu Werke, wenn es um die Inszenierung der vertonten Todessehnsucht geht. Der Rumpelkammer-Mix ist da schon gewöhnungsbedürftig, denn filigrane Piano-Akkorde lassen sich durch das Dickicht von Snare und brummenden, tief zerrenden Gitarren sowie dem stets im Vordergrund stehenden Heulen von Sänger Hypothermia, nur schwer erahnen. Auch die häufig zum Einsatz gebrachten femininen Backing-Vocals drohen von dem Soundbrei immer wieder verschluckt zu werden.
“Anhedonia”: Soundbrei statt Melancholie
Die eigentlich gewollte, negative Grundstimmung schlägt zugunsten des Masterings aber teilweise ganz andere Pfade ein. Der Mittelteil vom Viertelstünder “Giving Up Everything” darf sogar getrost als beschwingt bezeichnet werden. Gute Laune kommt beim Hören der Platte trotzdem nicht auf, holt einen das eher verachtende als verzweifelte Jammern Hypothermias immer im richtigen Moment wieder zurück auf den Boden der Tatsachen.
Der Titeltrack beginnt sehr atmosphärisch mit einem klaren Mix und weiblichem Hintergrund-Gesang, wobei das Schlagzeug ein wenig zu aggressiv in den Vordergrund gemischt wurde. Das ist schade, denn auch damit schießt der Song am eigentlichen Ziel vorbei und verbreitet kaum Unwohlsein. Das Lied mäandert von Meilenstein zu Meilenstein und schlüpft mal in das Gewand eines rohen Black-Metal-Schenkelklopfers, dann wieder in einen folkloristischen Mittelteil um in den letzten fünf Minuten noch einmal seine tiefschwarze Seele zu offenbaren.
Ambivalenz durch Eklektizismus
“Half-Hearted” startet wie eine Art Indie-Rock-Nummer mit einem mehr als gelungenen Schlagzeug-Rhythmus und einer lässigen Hookline an der Gitarre. Der Gesang richtet dabei Verwüstung im Gehirn des Hörers an und insgesamt baut das Lied eine tolle Dynamik auf, was es zum Höhepunkt auf dem Album werden lässt. Das folgende “Time To Go Away From You” beginnt wie eine wahre Depressive-Black-Metal-Komposition, nimmt zwischendurch aber auch wieder eine poppige Abkürzung und verliert in diesen Minuten an Schwermütigkeit und Tiefe. Dann wieder zetert weibliches Geschrei aus den Boxen und dringt wie eine Rasierklinge in weiches Fleisch. So glaubhaft geben sich LIFELESS kein weiteres Mal auf “Anhedonia”.
LIFELESS zelebrieren garstigen Trauer-Pop
Das Outro “Something Inside Me Dies” knüpft thematisch an den Anfang der Platte an und wird begleitet von einer Frauen-Stimme und der rudimentären Gitarre. Das subtile Ende dieses durchwachsenen Albums geht auf jeden Fall unter die Haut und man wünscht sich für das nächste LIFELESS-Werk mehr davon. Mit “Anhedonia” hat die Band vieles ausprobiert, wobei nicht alles funktioniert. Das Old-School-Mastering darf künftig etwas klarer ausfallen. Die Arrangements vertragen mehr Tiefgang, denn leider sind die guten Ansätze noch zu eingängig.
Kann dem Rezensent nur zu 100% beipflichten, würde sogar noch weniger Punkte geben. Das Keyboard im Hintergrund ist eher ein Nervfaktor als das es in irgendeiner Weise zur (negativen) Stimmung Beiträgt. Auch klingt das musikalisch nicht wirklich ausgereift… Den verfolgten Ansatz machen Bands wie Totalselfhatred und Forgotten Tomb auf einem ganz anderen Niveau… Und von Lifelover brauchen wir garnicht erst reden.