Life Of Agony - The Sound Of Scars

Review

Vor 26 Jahren erschien mit „River Runs Red“ das grandiose, wegweisende Debütalbum von LIFE OF AGONY, die damit ihre Karriere fulminant begonnen hatten und schnell in vieler Munde waren. Nun nimmt die Band den blutroten Faden von damals wieder auf und spinnt die Geschichte mit dem neuen Album „The Sound Of Scars“ weiter – sollte also genau das richtige für die ohnehin nostalgisch geneigte Fanschar sein. Dann hören wir mal, ob das Konzept der New Yorker aufgeht!

„The Sound Of Scars“ von LIFE OF AGONY – blutrote Fortsetzung oder blutleer?

Um es gleich vorwegzunehmen – „The Sound Of Scars“ schafft es tatsächlich zumindest teilweise, an der Atmosphäre und Stimmung von „River Runs Red“ anzuknüpfen und gleichzeitig die Musik an den aktuellen Entwicklungsstand zu transferieren. Der Härtegrad ist wieder etwas höher und knüpft an die eigenen Ursprünge an, gleichzeitig sind die Songs auch oftmals etwas vertrackter als beim letzten Album „A Place Where There’s No More Pain“ (2017), was die Brücke zum Schaffen von LIFE OF AGONY im hier und jetzt schlägt. Die Hardcore-Wurzeln wie zum Beispiel im rauen, ungezügelten „One Below“ scheinen in den akzentuiert groovenden Songs wieder stärker durch, der emotionale, einmalig charakteristische Gesang von Mina Caputo klingt wieder deutlich wütender. Dazu das energiegeladene Schlagzeugspiel von Neuzugang Veronica Bellino und das Riff-Feuerwerk mit tollen Licks voller Oberton-Harmonien von Gitarrist Joey Z. LIFE OF AGONY versuchen, den Spirit der frühen Neunziger in Songs wie „Scars“ und im flotten und gleichzeitig sehr dynamischen, eingängigen „Lay Down“ wieder aufzugreifen, das schaffen sie auch, ohne angestaubt zu klingen. Aber musikalisch ist „The Sound Of Scars“ mehr als nur ein Versuch, an längst vergangene Zeiten des Debüts anzuknüpfen, vielmehr werden auch die weiteren Entwicklungen mit einbezogen. Ein „Weight Of The World“ hätte beispielsweise auch auf „Soul Searching Sun“ prima gepasst. Oder das sehr abwechslungsreiche, an ALICE IN CHAINS erinnernde „Stone“, daraus hätten LIFE OF AGONY in ihren Anfängen gleich zwei oder drei Songs gemacht. Die immer wieder eingestreuten Interludes führen durch die Handlung und sorgen für dichte Atmosphäre. Das Highlight ist der grandios-epische, knapp sechsminütige Abschluss „I Surrender“, schleppend, wehleidig, mit hintergründigen Orchester-Arrangements. LIFE OF AGONY schaffen auch auf „The Sound Of Scars“ diesen markanten Hybrid aus Melodie, Emotion und Härte. Der Sound des von Sylvia Massy (TOOL, SYSTEM OF A DOWN) und Joey Z produzierte und von Howie Weinberg (NIRVANA, SOUNDGARDEN) gemasterten Albums ist satt, transparent und fett.

Der blutrote Fluss fließt wieder

„The Sound Of Scars“ knüpft tatsächlich an „River Runs Red“ an. Ob sich die neuen Songs auch langfristig nachhaltig festsetzen, wird die Zeit zeigen. Das Potenzial dazu ist da, wenngleich so richtig überragende Hitsongs eher Mangelware sind. Da hatte das bärenstarke Debüt einfach mehr zu bieten.

29.10.2019

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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