Liber Null - I - The Serpent

Review

Wenn das Infosheet zu einem Album damit wirbt, dass in einer Band „members of ACHERONTAS, FIDES INVERSA, BLUT AUS NORD and FROSTMOON ECLIPSE“ mitspielen, dann weiß der Kenner: Ah, Gionata „Thorns“ Potenti sitzt hinter den Kesseln. Ein bisschen Schwindelei bzw. Verheimlichen der Tatsache, dass das alles einer von drei Musikern ist, soll aber erlaubt sein – immerhin kann der Mann trommeln. Und das stellt er auf „I – The Serpent“, dem Debütalbum von LIBER NULL, abermals eindrucksvoll zu Beweis. (Ob das Album offiziell „I, The Serpent“ oder „I – The Serpent“ heißt, darüber streiten sich die Schriftgelehrten. Das Cover-Artwork zeigt die Version mit Bindestrich, die hier deshalb bevorzugt wird. Man beachte auf jeden Fall: Das „I“ steht für das Englische „Ich“, nicht für die römische Eins.)

LIBER NULL, das ist eine blutjunge Truppe ohne Angabe, woher sie kommen, ohne Website, nur mit wenig aussagekräftigem Facebook-Profil. Bekannt ist also nicht viel. Was man hingegen weiß: Die Band ist ein Trio, neben Thorns hinter dem Schlagzeug hört man auf „I – The Serpent“ noch Sänger Psaalm und Gitarrist/Bassist Ades, die im Gegensatz zu ihrem Drummer – zumindest unter diesen Pseudonymen – noch nicht weiter aufgefallen sind.

LIBER NULL: Kerzengerades Uptempo und schleppendes Midtempo

Aber es darf ja auch mal die Musik für sich sprechen, und die ist auf „I – The Serpent“ hervorragend. LIBER NULL spielen orthodoxen Black Metal, Thorns‘ anderes Betätigungsfeld FIDES INVERSA ist auf dem Album stilistisch genauso herauszuhören wie zum Beispiel das Debüt von FUNERAL MIST. Der Black Metal von LIBER NULL bewegt sich also, wie Kenner nun wissen, meist im Uptempo und wird kerzengerade präsentiert, wofür nicht zuletzt Thorns‘ markantes, hartes, straightes Schlagzeugspiel sorgt. Hören lassen dürfen sich aber auch die detailreiche, teils gar frickelige Gitarrenarbeit und die wütenden, eindringlichen Schreie aus der Kehle Psaalms.

So geht es in „The Unrepenting Son“ zunächst mit Nietzsche zitierenden Sprachsamples los, bevor LIBER NULL ohne große Vorwarnung drauflos prügeln, ohne Gefangene zu machen. In „Below And Beyond“ zeigen sich LIBER NULL zunächst von einer leicht tödlichen Seite, bevor sie erstmals – aber nicht zum letzten Mal auf „I – The Serpent“ – beweisen, dass sie auch akustische Melodiösität können. Der Titeltrack des Albums startet auf einer ruhigen Note und entwickelt sich im Anschluss in einen schleppenden Midtempo-Song mit viel Melodie und Gefühl – und das, wo du dir gerade dachtest, dass langsam aber was anderes kommen müsste als Geballer. Gefühl für Struktur haben LIBER NULL also ebenfalls – und das sogar auf richtig hohem Niveau.

„Dereliction“ ist genauso wie der Titeltrack eher im Midtempo verwurzelt, aber diesbezüglich abwechslungsreicher. Darauf folgt mit „Unholy Cosmogony“ der Höhepunkt des Albums, wieder startet das Trio ruhig und akustisch, steigert sich immer weiter – und überrascht, indem es zum ersten Mal seit dem zweiten Track das Tempo richtig anzieht. Der eindringlich gesungene Refrain reizt noch zusätzliche Gänsehaut im Hörer an – heftig. (Orthodoxer) Black-Metal-Song des Jahres? Vielleicht! Den Abschluss bildet schließlich das abwechslungsreiche „The Heretic’s Tongue“, in dem LIBER NULL noch einmal sämtliche Facetten von „I – The Serpent“ – ruhig, melodisch, Midtempo, Uptempo, Auf-die-Fresse – vereinen und zu einer wahnwitzigen Komposition zusammenpressen … die allerdings in sich nicht ganz so stimmig klingt wie der Rest des Albums.

„I – The Serpent“: Facettenreich und variabel wie sonst nur wenige orthodoxe Black-Metal-Alben in diesem Jahr

Damit ist „I – The Serpent“ vielleicht nicht das allerbeste Black-Metal-Album des Jahres, aber zumindest aus dem orthodoxen Bereich hat man dieses Jahr wenig stimmigeres gehört – mit Ausnahme von BEHEXEN und BAPTISM vielleicht, wenn man diese Bands in den Orthodox-Bereich zählen will. (Ja ja, DEATHSPELL OMEGA und KHAOS DEI kommen noch, haben wir auch auf dem Schirm.) Zumindest macht sich Mr. Thorns selbst Konkurrenz für sein Hauptprojekt FIDES INVERSA – LIBER NULL klingen stilistisch ähnlich und sind ähnlich gut. Fans der erstgenannten sollten also auf jeden Fall bei den letztgenannten reinhören, aber auch Freunde solcher Bands wie FUNERAL MIST, OFERMOD oder neueren MARDUK werden mit „I – The Serpent“ glücklich werden.

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23.11.2016

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1 Kommentar zu Liber Null - I - The Serpent

  1. antiWelt sagt:

    Ich finde es immer ein wenig merkwürdig, wenn man auf mysteriös macht und das Label, dann mit der Beteiligung der Bandmitglieder an anderen Projekten wirbt. Die Vergleiche, die hier gezogen werden, sind für mich aber richtig beeindruckend und führen in Verbindung mit dem Teaser fast zu einem Blindkauf. Vielen Dank dafür. Ich mochte das letzte Fides Inversa Album auch recht gerne, entgegen der vielen eher mittelmäßigen Reviews. Auch schön zu lesen, dass noch ein Deathspell Omega Review kommt. Vielleicht kann man ja auch noch mit Antaeus rechnen.