Liar - Murder Manifesto

Review

Wären die Belgier von LIAR nicht schon seit über zehn Jahren aktiv und somit ein Mitbegründer der europäischen Metalcore-Szene, wären sie das perfekte Beispiel dafür, dass heutzutage das Image fast wichtiger ist als die eigentliche Musik. Die Straight-Edge-Legende ist von ihrer Attitüde und ihrem Outfit her ganz klar im Hardcore anzusiedeln, während ihre Musik skandinavischer aus den Boxen bricht als mancher Act, der wirklich aus Schweden stammt.
Bestes Beispiel: ihr neues Album „Muder Manifesto“, das nur so überläuft vor purem Melodic Death Metal, der die Herzen von AT THE GATES-Jüngern mit extremen Rhythmusstörungen versorgen dürfte. Nicht nur fiese Twin-Guitar-Attacken, wahlweise gebettet in hasserfülltes Aggrogeknüppel, schweren Midtempogroove (hammerhart: „Wounded World“) oder thrashige Versatzstücke, werden zuhauf serviert, nein, sogar ein authentisches Akustikgitarren-Instrumental, das auch auf einer Platte wie „Lunar Strain“ hätte stehen können, ist in Form von „Left Hand Path“ an Bord. Alles fett in Szene gesetzt von HATESPHERE-Sänger Jacob Bredahl, der als Produzent ebenfalls sein Handwerk versteht. Ganz zu schweigen vom genialen Titeltrack, der selbst heutzutage bei einer Band namens DARK TRANQUILLITY die finale Zugabe markieren würde. Ihr seht, stünden alle bisher genannten Schweden-Helden heute an ihrem Karrierebeginn, hätten kurze Haare und würden zu 80% keinen Alkohol bzw. keine Drogen konsumieren, Göteborg wäre die Hauptstadt des Metalcore geworden.
Doch genug dieser Hirngespinste und zurück zu LIAR und „Murder Manifesto“, das somit einen schlagkräftigen Vorteil nicht von der Hand weisen kann: Es stellt Fans aus sämtlichen Lagern, angefangen bei AS I LAY DYING und THE BLACK DAHLIA MURDER über DARK TRANQUILLITY und IN FLAMES bis hin zu Koryphäen wie BOLT THROWER oder SLAYER, zufrieden. Somit dürfte LIARs Zeit genau jetzt gekommen sein, da noch nie ein solch großes Szene-Crossover-Potential geherrscht hat wie im Moment. Nur eines wollen wir diesen sich selbst immer treu gebliebenen Jungs nicht wünschen: Nämlich, dass sie als Wegbereiter einer ganzen Szene nun von ihren Quasi-Kopien erfolgsmäßig einfach überrundet werden. Das hätte diese bärenstarke Platte nicht verdient.

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31.01.2006

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