Mastodon - Leviathan

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Galerie mit 15 Bildern: Mastodon - European Tour 2019 in Hamburg

Wie geht man als Band am besten das zweite Album an? Man kann entweder das erste nochmal mit leichten Variationen genauso aufnehmen, sich stilistisch komplett umkrempeln, oder gleich auflösen und irgendwie retrospektiv auf Kultstatus hoffen. MASTODON haben bei ihrem Zweitwerk „Leviathan“ 2004 nun den Spagat hinbekommen, den Kern ihrer Musik zu bewahren und gleichzeitig sich stilistisch zu öffnen und im Songwriting zu diversifizieren. Aber auch die übrigen Qualitäten dieses Albums adeln es für einen Blast from the Past.

„Leviathan“ – ein Sturm aus Eingängigkeit und songwriterischer Progressivität

Schon der Opener „Blood and Thunder“ zieht einen mit Aggression, Eingängigkeit und auch fingertechnischeren Abschnitten in die Geschichte um Kapitän Ahab. Denn „Leviathan“ ist im Grunde genommen das erste „richtige“ Konzeptalbum im MASTODON-Kosmos über Hermann Melvilles Klassiker „Moby Dick“. Bis auf das Debütalbum von AHAB wurde er musikalisch in der harten Musik danach auch nie wieder so gut vertont. Der Zorn, die Fokussierung auf die Erlegung des weißen Ungetüms von Ahab, der alles andere untergeordnet wird, ist hier musikalisch bravourös dargestellt. „White whale, holy grail […] split your lungs with blood and thunder“ heißt es so doch schon im Opener. Auch Nachfolger „I am Ahab“ lässt einen die Irre und Rastlosigkeit des Kapitäns durch wilde Instrumentenabfahrten und vertrackte Rhythmen spüren. Doch auch die „Flautephasen“ auf See kommt in dem ruhigen Anfang von „Seabeast“ zum Tragen, nur um dann den Sturm im letzten Songdrittel durch wesentlich härteres Riffing anzukündigen.

MASTODON schaffen es gekonnt, Eingängigkeit und ausgefeilte Songstrukturen in ihrer Musik unterzubringen und so den Hörer zu fordern, umschiffen aber die Überforderung. Ein „Megalodon“ schwingt von plötzlich auftauchenden Country-Licks in schnelle Schrammelabschnitte innerhalb von Sekunden, als wäre es das natürlichste auf der Welt und die zehn Minuten vom Albumhighlight „Hearts Alive“ vergehen wie im Flug. Eher progressivere und ungewöhnlichere Stücke wie das irre „Island“ oder das abgefahrene, leicht verdrogte und trotzdem eingängige „Naked Burn“ wechseln sich gekonnt mit eingängigen „Bangern“ wie „Iron Tusk“ ab. Das Instrumental „Joseph Merrick“ entlässt einen dann gekonnt zum Schluss wie ein Seemannslied entspannt in den rettenden Hafen.

MASTODON liefern einen modernen Klassiker

„Leviathan“ nimmt einen mit auf eine spannende Fahrt, die abwechslungsreichen Songs schwillen an und klingen ab, wellengleich, eingebettet in ein interessantes Konzept. Es gibt instrumental eine klasse Leistung von allen Musikern, ohne in unnötige Frickelei auszuarten. Eine irre Mischung aus Einflüssen von Sludge, Stoner, progressivem Rock, Hardcore, Thrash und Heavy Metal ist auf „Leviathan“ zu einem großen erzählerischen Ganzen verschmolzen. Die heute vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäße Produktion mag kritisiert werden, passt hier jedoch noch wie Arsch auf Eimer und verleiht der Musik etwas ehrlich und authentisch „Schmutziges“, wie die Bilge im Kielraum eines Schiffes. Gastbeiträge wie Scott Kelly von NEUROSIS auf „Aqua Dementia“ und Neil Fallon (CLUTCH) im Opener, so wie das wunderschöne Coverartwork, runden die Sache im wahrsten Sinne des Wortes ab. Eines der wichtigsten Alben nach dem Millenium im amerikanischen Metal und (für mich) schon heute ein moderner Klassiker.

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22.05.2019

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1 Kommentar zu Mastodon - Leviathan

  1. ClutchNixon sagt:

    Nie wieder konnten mich Mastodon dermaßen abholen. Hier stimmt einfach alles. Ergo: Die Höchstnote ohne Wenn und Aber. Ich habe mir das endgeile Cover in Form von fünf identischen Relapse Import Shirts in den Schrank gelegt. Drei davon sind ungetragene Wertanlagen 😜

    10/10