Letzte Instanz - Schuldig

Review

Hatte sich die LETZTE INSTANZ in alter Besetzung mit Robin Sohn am Gesang eine riesige Fangemeinde in Deutschland erspielen können, müssen die letzten Alben vor allem etlichen Altfans vor den Kopf gestoßen haben. Mit dem dritten regulären Studioalbum unter dem neuen Frontmann Holly, „Schuldig“, scheint es nun so, als wolle man nach diversen Live- und Akustikausflügen wieder ein Stück zurück in alte Muster fallen. Die Gitarren sind fett abgemischt, die Streicher werden immer öfter zum Beiwerk degradiert, und schmalzige Balladen wie in der Vergangenheit sind kaum noch zu erspähen. Das Tempo geht knallhart nach vorne und für einen Augenblick scheint die Welt wieder in Ordnung zu sein.

Was jedoch mit dem dynamischen Stampfer „Mein Engel“ und der High-Speed-Oper „Flucht Ins Glück“ noch stürmisch beginnt, zeigt rasch erste Abnutzungserscheinungen. Zwar ist die Umorientierung in krachenden Rock per se sehr positiv festzuhalten, aber eine Garantie dass daraus auch wirklich 14 starke Songs herauskommen, ist daraus allein noch nicht zu erteilen. Rock ist eben mehr als einfach nur konstante Achtelpowerchords im Hintergrund runter zu rattern, und das kreative anarchische Element das aus Platten wie „Kalter Glanz“ absolute Meisterwerke gemacht hat, ist der Band vollkommen verloren gegangen. Stattdessen findet man 14 dreieinhalbminütige potentielle Singleauskopplungen vor sich, die nur selten durch innovative Elemente punkten können. Zu diesen gehören aber immerhin neben erwähnten beiden Openern noch der krachende Rhythmushammer „Feuer“, das funkige „Vollmond“ oder der gelebte RocknRoll in „Komm“. Leider wirkt sich aber auch die Stimme Hollys ziemlich negativ auf den Rockfaktor der Platte aus. Klar ist der Mann durchaus in der Lage auch in schwierigeren Lagen Töne zu halten und bassig vor sich hin zu bruddeln, aber der in Istanbul lebende Berliner ist schlichtweg keine Rocksau und wirkt immer wie der klassisch singende Bariton zwischen bratzenden Gitarren und lärmenden Becken. Immerhin passt er damit aber zu den Texten; die sind nämlich pseudoromantisch wie eh und je und ertränken sich für meinen Geschmack viel zu oft in Plattitüden, die im Gothicbereich nichts mehr zu tun haben sollten.

Dennoch 6 Punkte für die lobenswert gitarrenbetonte Ausrichtung einer Band, die sich nochmal versucht hat neu zu erfinden und dabei mit „Schuldig“ ein okayes Experiment auf die Beine gestellt hat. Live wird die Platte sicherlich einige Anhänger finden, daheim teilt sich das Album vermutlich wie alle INSTANZ-Werke nach „Götter Auf Abruf“ die Zielgruppe der pubertierenden kleinen Schwester und der kantenlosen Schwiegermutter. Es bleibt abzuwarten in welche Fußstapfen die Band auf der nächsten Platte zu treten versucht.

27.02.2009
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