Letters From The Colony - Vignette

Review

Galerie mit 20 Bildern: Letters From The Colony - Summer Breeze Open Air 2019

Ziemlich laute Handschrift der Schweden, aber kein Wunder: Die Einflüsse, die LETTERS FROM THE COLONY zu ihrem Sound bewegt haben, sind ja auch nicht gerade durch ihre ruhigen Momente bekannt. Es sind vor allem MESHUGGAH, gelegentlich auch GOJIRA oder HACRIDE, die einem hier direkt ins Gesicht springen. Ihr Debüt „Vignette“ kommt entsprechend mit reichlich Druck daher und macht relativ unmissverständlich klar, dass es hier heftig zur Sache geht.

Lieber gut abgeschrieben als schlecht ersonnen?

Und wer einfach nur Spaß an den Schädel zermürbenden Extrem Metal mit Prog-Schlagseite haben möchte, macht mit „Vignette“ im Grunde nichts falsch. Die Riffs zucken wie wild hin und her. Sänger Alexander Backlund gibt seine eindrucksvolle und erstaunlich originalgetreue Jens Kidman-Impression zum Besten. Überhaupt: Die meiste Zeit holzen einen die Schweden mit MESHUGGAH-Eckpfeilern zu, die zu keiner Zeit die Komplexität des Originals erreichen. Und das ist tatsächlich gar nicht mal schlecht, denn es macht den Sound von „Vignette“ recht zugänglich, zumal hier noch mit etwas mehr Melodie und Atmosphäre gearbeitet wird. Dazu groovt es natürlich an allen Ecken und Kanten, was wiederum dem Grad an Heaviness zugute kommt.

Doch schnell merkt man, dass „Vignette“ mehr so ein typisches „Me Too“-Album ist, das sich lieber auf das reine Abbilden von bekannten Stilmerkmalen beschränkt und diese in geschmackvolle Häppchen zerhackstückt, anstatt deren Extreme auszuloten, ihr Potential zu erforschen oder diese in andere, bislang noch unerschlossene Gebiete hinein zu führen. Und die pumpende Action, mit der LETTERS FROM THE COLONY hier agieren, nutzt sich schnell ab, was angesichts der vergleichsweise langen Spielzeit von über 55 Minuten schon ein Problem ist. Mit etwas mehr Straffung wäre hier – so wie es dargeboten wird – durchaus ein richtig gutes Album drin gewesen. Doch so ist der Genuss von „Vignette“ an einigen Stellen schon etwas mühsam geraten. Und wirklich originell gehen LETTERS FROM THE COLONY wie gesagt auch nicht vor, sodass ein Song wie „Terminus“, der schon eine einschlägige Ähnlichkeit zu den „The Way Of All Flesh„-GOJIRA aufweist, deutlich ins Auge sticht. Dagegen ist der bombastische Teil zum Ende von „Glass Palaces“ hin zugegebenermaßen schon gelungen.

LETTERS FROM THE COLONY gewinnen nicht den Originalitätspreis

Ein paar Highlights hat das Album also doch und das sollte man den Schweden zugute halten. So macht „Vignette“ trotz allem für einen ersten Anlauf schon mal einen soliden Eindruck. Die Musik wird mit reichlich Druck dargeboten, Aggression steck hier definitiv drin und die Leidenschaft hört man den Schweden an. Jetzt geht es eben darum, hieraus ein eigenes Süppchen zu kochen. Bis dahin dient „Vignette“ durchaus als Zwischenmahlzeit. Tut nicht weh, erfüllt seinen Zweck ganz gut, macht aber auch nicht wirklich satt.

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16.02.2018

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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