Die Norweger von LEPROUS veröffentlichen mit „Live At Rockefeller Music Hall“ ihr erstes Livedokument. Mitgeschnitten und gefilmt wurde ihr Auftritt vom 4. Juni dieses Jahres in Oslo. Genau zum richtigen Zeitpunkt muss man sagen, denn das Quintett kostet momentan den ersten wirklichen Höhepunkt ihrer Karriere aus. Kritiker und Fans äußern sich angemessen beeindruckt und löblich über die letzten beiden Platten und harren trotzdem gespannt der Dinge, die da noch kommen könnten.
Minimal und Maximal in Perfektion
Brummen. Lediglich zwei verschiedene Töne. Dazu gesellt sich dann der kräftige und sehr spezielle Gesang von Einar Soldberg. Schlagartig setzt dann die komplette Mannschaft ein und mit der Wucht eines plötzlich aktivierten Flutlichtes ergießt sich die LEPROUSsche Kraft im heimischen Wohnzimmer. Schon mit dem Eröffnungssong „The Flood“ legen LEPROUS eine ihrer besten Karten auf den Tisch – Einzigartigkeit. Einzigartigkeit, die Musikfreunde automatisch spaltet, in diejenigen, die den Gesang als zu extravagant empfinden und die, die ihn genau als das letzte ausschlaggebende Stilmittel im Kreativkasten von LEPROUS sehen. Besonders hervorzuheben sind sicherlich „Down“ und „Rewind“ – eine perfekte Inszenierung, bei der Gesang und Musik förmlich verschmelzen und der daraus resultierende Druck schier überwältigend ist.
Dass der Schlagzeuger Baard Kolstad 2014 zu LEPROUS stieß – alle gute Dinge sind in dem Fall also vier – ist ein weiterer Glücksfall für die Band. „Forced Entry“ vom 2011-er Album „Bilateral“ legt offen, dass und wo LEPROUS sich kompositorisch verbessert haben. Gefuddelt und gezinkt wird heutzutage nur noch da, wo es nötig ist und mit hektischen Tonfolgen oder hitzigen Tempowechseln halten sich die Herren auch mehr zurück. Dass die Norweger dabei keine Dynamik und keinen Druck verschenken, das ist die eigentliche Kunst.
Der Sound auf „Live At Rockefeller Music Hall“ ist selbstredend tadellos. Glasklar und nuanciert wurden die einzelnen Komponenten der aufwendigen Stücke klanglich arrangiert. Auch ohne zusätzliches beizumengen, sind LEPROUS weit davon entfernt hier eine 1:1 Kopie ihrer Studioaufnahmen abzuliefern. Wehleidige Jubelschreie der Fans, skandierendes Anfeuern für „Third Law“ oder „Slaves“, frenetischer Jubel während und zwischen den einzelnen Songs und spärlich gesäte, aber dafür umso ergiebigere, Statements von Einar, tragen zur einer ganz besonderen Aufnahme bei. Spätestens als IHSAHN zum Grande Finale mit „Will you follow me if I ask you?“ bei „Contaminate Me“ einsteigt, brennt der Saal, in unserem Fall die Musikanlage daheim, lichterloh.
Ende für LEPROUS noch lange nicht in Sicht
„Live At Rockefeller Music Hall“ ist sicherlich keine Zeitreise, die die offensichtlichen Höhepunkte von „Aeolia“ bis „The Congregation“ vorführen will. Wie uns Einar im Interview einige Wochen vor der Veröffentlichung verriet, war das nie der Anspruch der Band. LEPROUS legen viel mehr Wert darauf, eine Show zusammenzustellen, die in sich stimmig ist. Das ist ihnen an diesem ganz speziellen Abend auf jeden Fall auf jeden Fall mehr als geglückt, LEPROUS setzen damit einen weiteren imposanten Meilenstein ihrer Karriere, Ende also noch lange nicht in Sicht.
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