Ein wenig fühlte ich mich an meinen ersten Kontakt mit NIGHTWISHs „Oceanborn“ erinnert, als ich „Sedna“ erstmals in den CD-Schacht meines Autoradios einlegte und nach dem Intro Sängerin Claudias Stimme erklang. Operngesang mit Melodien, die tatsächlich stark nach Tarja Turunen auf den ersten NIGHTWISH-Scheiben klingen und ein Keyboard-lastiger Bandsound, der alleine aufgrund des Budgets schon weit hinter den in diesem Genre von „Once“ gesetzten Maßstäben zurückbleiben muss, das sind die dominierenden Merkmale. Den Nostalgie-Bonus haben LEGENDA AUREA damit definitiv bereits in der Tasche.
Doch jenseits aller wohligen Erinnerungen, die dieses Album in mir wachruft, müssen sich LEGENDE AUREA auch der harten Realität des Jahres 2008 stellen, das nicht unbedingt auf eine weitere symphonische Metal-Band mit Frauengesang gewartet hat. Haifischalarm wurde in den gnadenlos überfischten Symphonic-Gewässern ohnehin schon lange nicht mehr ausgerufen. Da wundert es wenig, dass man sich auch bei LEGENDE AUREA oft nach mehr Biss sehnt.
Den Bandnamen haben sich die Schweizer bei einer mittelalterlichen Sammlung von Sagen und Legenden entliehen, die der Dominikanermönch und spätere Erzbischof von Genua im 13. Jahrhundert zusammentrug. Auch das Intro des Albums erzählt von einer fiktiven Sammlung von Mythen, die den Rahmen für die Songs des Albums bildet, ohne dieses dadurch jedoch in ein klassisches Konzeptalbum zu verwandeln. Den religiösen Hintergrund der historischen „Legenda Aurea“ hat man aber außen vor gelassen, wodurch die Band mit ihren soliden, aber wenig spektakulären Texten in bewährten Fantasy-Gefilden wildert.
In technischer Hinsicht befindet sich die Band auf Kurs. Die Instrumentalfraktion sticht zwar nicht weiter hervor, spielt ihre Parts aber ausgesprochen solide. Die Produktion klingt ein wenig flach, ohne jedoch dauerhaft an den Nerven zu zerren und dürfte für das der Band vermutlich zur Verfügung stehende Budget durchaus in Ordnung gehen. Hauptsongwriter und Keyboarder Renato könnte sich an manchen Stellen leicht zurücknehmen und nicht jedes kleine Soundloch erbarmungslos mit Synthies zukleistern, den Kitsch gefürchteter Italo-Metal-Produktionen erreicht jedoch von der Ballade „It’s Over“ einmal abgesehen keines der Stücke.
Im Ansatz sind hier viele nette Melodien und gute Songideen erkennbar. Besonders der Opener „Vengeance“ und der Titeltrack „Sedna“ gehen gut ins Ohr und wissen zu gefallen. Überraschend spritzig kommt auch das kurze „Instrumental“ daher, in dem andere Bands garantiert die Inspiration für ein halbes Dutzend Songs finden könnten. So könnte man sich mit diesem Album gut anfreunden, wenn nicht dieses omnipräsente Gefühl bliebe, das alles bereits auf alten NIGHTWISH-Scheiben gehört zu haben. Als Debütalbum geht „Sedna“ also auf jeden Fall in Ordnung, von ihrem deutlichen Vorbild NIGHTWISH sollten sich LEGENDA AUREA allerdings in der Zukunft weiter emanzipieren.
Ich werde die Band jedenfalls weiter im Auge behalten und hoffe, dass die Musiker rasch eine eigene Identität gewinnen können und aus den übergroßen Fußstapfen heraustreten. Wenn man die Live-Fotos auf der Homepage der Schweizer betrachtet, wird übrigens deutlich, wie nahe sich Sängerin Claudia auch im Hinblick auf ihr Outfit und ihr Stageacting bei Konzerten an Tarja Turunen zu orientieren scheint. Auch hier sollte man noch ein wenig eigenes Gesicht zeigen, wenn man nicht dauerhaft als „NIGHTWISH-Coverband“ verschrien sein möchte.
-_-
wann wird mal darauf Rücksicht genommen, nicht alles als Gothic Metal zu bezeichnen?
Is ja furchtbar. Von einer Seite wie metal.de erwarte ich da mehr!
darkstain