Led Zeppelin - Celebration Day

Review

Wie Kollege Falk gestern berichtete, sind LED ZEPPELIN mit ihrer DVD des am 10. Dezember 2007 stattgefundenen Reunion-Konzertes in der Londoner O2-Arena stante pede auf Platz 1 der Musikcharts eingestiegen. Eine vor 30 Jahren aufgelöste Band spielt Material, das zwischen 30 und 45 Jahre auf dem Buckel hat, auf einem Konzert, das vor fünf Jahren stattgefunden hat. Wenn das nicht zeigt, dass sich Qualität gegenüber nichtssagendem Popgeschwurbel selbstverständlich durchsetzt, dann weiß ich auch nicht.

Der Mitschnitt des gut zweistündigen Konzertes ist ein musikhistorisches Dokument, das Seinesgleichen sucht. Ganz anders, als man das sonst von geschichtlichen Quellen kennt, ist „Celebration Day“ allerdings überaus unterhaltsam und rührt zu Tränen. Und es schlägt eine Brücke zwischen den zeitlosen LED ZEPPELIN-Kompositionen der späten 60er, 70er und frühen 80er-Jahre auf der einen und zeitgemäßer Bühnen- und Spieltechnik auf der anderen Seite. Das Bindeglied dafür ist Jason Bonham, John Bonhams Sohn, der hinterm Schlagzeug die vermutlich wichtigsten 140 Minuten seines Lebens verbracht und übrigens eine absolut spektakuläre Leistung abgeliefert hat, bei der er auf der Spielweise seines 1980 verstorbenen Vaters aufbaut und mit diese mit viel Drive verfeinert.

Ganz schlicht und bodenständig beginnen LED ZEPPELIN ihr Set mit „Good Times, Bad Times“ von Debütalbum, das mit seiner sicherlich auch programmatischen Thematik und der knackigen Kürze der ideale Opener ist. Nahtlos und ohne Ansagen folgen „Ramble On“ und „Black Dog“, ehe Robert Plant, ganz der englische Blueser, schüchtern und mit leicht kindlicher Ironie das Publikum begrüßt. Lange Ansagen gibt’s allerdings das ganze Konzert über nicht, dafür aber jede Menge Musik: „In My Time Of Dying“, das Live-Debüt von „For Your Life“ (eher unnötig – wie wäre es dafür mit dem „Immigrant Song“ oder „When The Levee Breaks“ gewesen?), „Trampled Under Foot“ und „Nobody’s Fault But Mine“ sowie eine sensationell und zum Heulen schöne Version von „No Quarter“, durch die John Paul Jones an der Orgel und eine echte PINK FLOYD-Lichtshow leiten. Hier wird auch zum ersten Mal offenkundig, wie großartig auch einige der späteren Songs wirken, wenn sie in einem derart perfekten, zeitgemäßen Klanggewand präsentiert werden. Bei einem Meisterstück wie „No Quarter“ kann jede Postrock-Band einpacken.

Im zweiten Teil des Konzertes folgen dann die echten Hits, und das derart Schlag auf Schlag, dass jedem der 20.000 Anwesenden bei der schwindelerregenden Qualität übel geworden sein muss vor Glück. Da gibt’s „Since I’ve Been Loving You“ und „Dazed And Confused“, „Stairway To Heaven“ und „The Song Remains The Same“ und in einem berauschenden Finale „Misty Mountain Hop“, „Kashmir“ (Waaa-hn-sinn!) und als Zugaben „Whole Lotta Love“ und „Rock and Roll“ zu hören. Das ist, als würden bei „Ocean’s 16“ noch Johnny Depp, Anthony Hopkins und Sean Connery mitspielen.

Nun muss man ehrlich sagen, dass LED ZEPPELIN sicherlich auch ein Relikt einer vergangenen Zeit sind, und als solches präsentieren sie sich abgesehen von der bombastischen Video-und Lichtshow auch. Das hat wunderschöne Seiten, zum Beispiel den Rückgriff auf analoge Gitarreneffekte, ganz behutsame Veränderungen an den ursprünglichen Kompositionen oder die fast niedliche Tatsache, dass sich die Band trotz der riesigen O2-Arena im Fünfmeterradius um Jason Bonhams Drumpodest bewegt, als würde sie immer noch auf der Bühne eines kleinen englischen Pubs stehen. Überhaupt ist diese monumentale Show in ihrem Kern ganz einfach, ganz direkt und überaus auf die Musik bezogen, und dabei in allen Details bewegend und überaus sympathisch.
Tatsache ist aber auch, dass man deutlich merkt, dass die Band natürlich eine kleine Aufwärmphase braucht. Die ganz große Magie ist zu Anfang noch nicht zu spüren, Robert Plants Stimme ist zunächst noch etwas unsicher und auch Jimmy Page wirkt in der ersten halben Stunde lange nicht so gelassen und fingerfertig wie später, auch wenn er da – was nur verständlich ist – immer der Gitarrist alter Schule bleibt. Nur John Paul Jones ist bemerkenswerte zwei Stunden lang die Ruhe selbst, der Idealtypus des Bassisten, der der die Band im Hintergrund zusammenhält. In der zweiten Hälfte laufen dann allerdings alle vier Musiker zu absoluter Höchstform auf.

„Celebration Day“ ist wirklich etwas, das man feiern sollte – die Rückkehr einer Legende, der Triumph großer Musik gegenüber der Kurzlebigkeit, die hervorragenden technischen Möglichkeiten, das mit einer tollen Kameraführung auch festzuhalten, den überaus gelungenen, aber stets unauffälligen Schnitt und tausend andere Dinge, die diese DVD absolut kaufenswert machen. Und, ganz zuletzt, feiere ich persönlich, dass LED ZEPPELIN Bands wie den STONES gezeigt haben, wer wirklich die größte Rockband der Geschichte ist.

28.11.2012
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