Ja, ich bin ein Freund von düsteren, langsamen, atmosphärischen Klängen, die sich zäh wie Lava in meine Gehirnwindungen einfräsen und mich nicht mehr loslassen, von Musik, die Zeit braucht, um sich zu entwickeln, die dramaturgisch geschickt aufgebaut ist, sich aufschaukelt, meinetwegen ein einziges Riff über zehn Minuten zelebriert. Umso gespannter war ich auf die schon vielseits gelobten LATITUDES aus England, wurde mir doch eine Soundlandschaft zwischen SUNN O))), ISIS und auch NEUROSIS versprochen. Doch dann kam die erste Enttäuschung. Die relativ geringe Anzahl der Songs war ja noch in Ordnung, aber dann auch noch eine derart kurze Spielzeit? Kann sich dabei überhaupt Atmosphäre entwickeln?

Ja und nein. Die Riffs sind mitreißend, die Stimmung düster, die Produktion organisch-harmonisch – und wenn man sich gerade richtig in die Songs hineinfallen lässt, kommt der Schnitt und ein neuer Song beginnt. Warum hat man den Songs nicht noch mehr Zeit zur Entfaltung gegeben? Man hätte so viel daraus machen können! Auch wenn es sich bei “Bleak Epiphanies In Slow Motion“ nur um ein Mini-Album handelt, was noch eine geringe Gesamtlänge rechtfertigt, ein schaler Nachgeschmack bleibt.

Höhepunkte – auch im Hinblick auf die Spielzeit – sind wohl “A Falling Mute“ und “We Met Today And Will Never Meet Again“. Hier werden alle Register gezogen und nach allen Regeln der Kunst die Abgründe der Seele ausgelotet, rein durch Klang! LATITUDES konzentrieren sich in allen Stücken ausschließlich auf die instrumentale Seite und arbeiten komplett ohne Gesang.
Kleine Anmerkung noch: Wer die genialen Schweden KONGH kennt, wird bei “A Falling Mute“ unter Garantie ein Riff wiedererkennen! Ob es sich dabei um Plagiarismus oder Zufall handelt, wage ich nicht zu beurteilen, beide Bands bzw. Songs haben ihre Daseinsberechtigung!

Wenn diese Burschen ihr erstes vollwertiges Album herausbringen, wird die Wertung wohl ganz weit oben anzusetzen sein, für dieses Mini-Album aber ist eine Wertung nicht wirklich aussagekräftig.