Lantlôs - Agape

Review

Wie sich die Dinge innerhalb eines Jahres verändern können: 2010 zeigte „.neon“, das mit einiger Berechtigung hoch gelobte zweite LANTLÔS-Album, trotz seiner Post-Rock-Einflüsse ein kräftiges schwarzmetallisches Herz und machte die Deutschen um den führenden Kopf Herbst und mit Neige von ALCEST am Gesang zu einer der Vorzeigeformationen des Post Black Metal. Auf dem Nachfolger „Agape“ jedoch schlägt dieses Herz kaum noch, der Schwerpunkt hat sich deutlich in Richtung Post-Rock verschoben.

Statt rasender, schwarzer Tremolo-Picking-Riffs vernimmt man oft schleppende, schwere Gitarrenläufe und zahlreiche sanfte, häufig wiederholte Melodie-Motive – das eröffnende „Intrauterin“ etwa zieht aus diesem Kontrast, obwohl er etwas gezwungen wirkt, einen gewissen Reiz. Auch das Schlagzeugspiel ist deutlich ruhiger als in der Vergangenheit, die Blastbeats sind so gut wie ausgestorben; einzig das lebhaft-direkte „Bliss“ hält noch die Taue zum Black Metal. Neiges Kreischen hat zwar nicht merklich an Intensität eingebüßt oder gegenüber den seltenen klaren Phrasierungen an Boden verloren, doch ist der Gesang insgesamt in seiner Häufigkeit stark reduziert worden – insbesondere bei den drei letzten Stücken muss man ihn schon mit weit aufgesperrten Lauschern suchen.

Eine Reduziertheit zeigt „Agape“ nicht nur in seinen scheinbar bewusst simpel und auf Anhieb zugänglich gehaltenen Kompositionen, sondern auch in der Spielzeit, die mit fast schon unverschämt mageren 35 Minuten noch schmaler ausfällt, als man es von LANTLÔS gewohnt war. Trotz dieser Kürze schafft man es in den ausgedehnten instrumentalen, mitunter schon jazzigen Passagen in der zweiten Hälfte des Albums nicht, die mit dem vielversprechenden Beginn aufgebaute Spannung zu halten, denn große Überraschungen oder Experimente hat das Material nicht zu bieten. Es plätschert einfach recht unspektakulär aus.

Man kann in „Agape“ vielleicht den nächsten logischen Schritt nach „.neon“ sehen, aber es war doch ein ziemlich großer – leider in Richtung Langeweile und Vorhersehbarkeit. Der Charakter des neuen Werkes unterscheidet sich stark von dem des Vorgängers, statt in grelles Licht getauchter Einsamkeit herrscht eine warme Atmosphäre vor; umschmeichelnd, zahm und von plakativer Schönheit. Vielleicht war das beim lyrischen Konzept der Langrille – unter „Agape“ versteht man die nicht-körperliche, selbstlose Liebe – so beabsichtigt, aber stärkere Anklänge von Verzweiflung, Wut und anderen negativen Gefühlen sowie frische Ideen hätten das Ganze definitiv aufregender gemacht. So bleibt nicht mehr und nicht weniger als ein gefälliges Post-Rock-Scheibchen mit schwarzmetallischem Gesang, das der vom vorangeganen Werk aufgebauten Erwartungshaltung nicht standhält, das dessen Passion vermissen lässt. Die pseudointellektuelle (Post-)Post-Black-Metal-Schickeria aber wird mit ziemlicher Sicherheit wieder schwer begeistert sein und das Gewese um LANTLÔS weitergehen.

10.11.2011
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