Lake of Tears - Illwill

Review

Entweder sind Gras und Pilze in Schweden teurer geworden, oder LAKE OF TEARS ändern auf ihre alten Tage noch ihre Meinung über psychedelische Drogen. Tatsache ist jedenfalls, dass in den letzten vier Jahren seit der letzten Platte „Moons And Mushrooms“ eine Menge in den Köpfen der Jungs passiert sein muss. Warum?

Weil „Illwill“ eine ganz schöne Überraschung ist. Die potentielle Single „Floating In Darkness“, die das Album eröffnet, ist im Prinzip ein Punkrock-Song, versehen mit Daniel Brennares Stimme, die ein ganzes Stück versoffener klingt als noch 2007. Das ist etwas, was man von den sonst eher langsamen, besonnenen Schweden nicht unbedingt erwartet hätte. Dass LAKE OF TEARS in letzter Zeit hier und da ein MOTÖRHEAD-Album aufgelegt haben müssen, zeigt sich auch bei einigen anderen Songs („The Hating“, „Parasites“ oder „Taste Of Hell“). Ab und zu schimmert ein ganz hoher Härtegrad durch, der schon fast an alte VENOM heranreicht („U.N.S.A.N.E.“) oder mit schnellen Doublebass- Passagen und Kreischgesang (!) deutlich Richtung Black Metal tendiert („Midnight Madness“). Zugegeben, im Vergleich mit beinharten Prügelkollegen sind LAKE OF TEARS immer noch verweichlichte Schattenparker, aber Tatsache ist, dass „Illwill“ bei aller Wiedererkennbarkeit des Stils das Härteste ist, was die Diskographie der Schweden derzeit hergibt.

Für jemanden wie mich, der immer die melancholische Versunkenheit, die Akustikgitarren und den psychedelischen Vibe von LAKE OF TEARS geschätzt hat, ist das auf den ersten Blick eine kleine Enttäuschung. Glücklicherweise haben die Jungs ihre alten Fans aber auch nicht vergessen und mäandern wie früher mit dem Titelsong „Illwill“, dem gothiclastigen „Behind The Green Door“, dem schmissigen „Out Of Control“ (bei dem sich ein VOLBEAT-Vergleich förmlich aufdrängt) und vor allem der schönen Halbakustikballade „House Of The Setting Sun“ (hahahaaaa…) quer durch eine Menge Stile düsterer Musik.

Das ist dann auch gleichzeitig Stärke und Schwäche der Platte: Auf der einen Seite ist sie sehr vielseitig und damit recht deutlich auf kommerzielle Verwertbarkeit ausgerichtet, auf der anderen fehlt zumindest mir ein bisschen der rote Faden. Wenn man „Illwill“ aber als das hört, was es letztlich ist, nämlich eine Ansammlung anständiger bis richtig guter Songs mit Livecharakter, satt produziert und schick verpackt, kann man sich an LAKE OF TEARS 2011 durchaus gewöhnen. Meiner Ansicht nach erreicht die Band leider trotzdem nicht ihre frühere Klasse. Insgeheim plädiere ich jetzt schon dafür, den schwedischen Graspreis wieder ein bisschen zu senken.

15.04.2011
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