Lacuna Coil - Shallow Life

Review

Einen gewissen Mut – oder ist es Leichtsinn? – muss man den Italienern, die vor drei Jahren ihr bis dato wohl erfolgreichstes Album „Karmacode“ veröffentlichten, mit dem der weitere Weg der Band quasi bereits besiegelt war, durchaus attestieren: Möglichst hoch hinaus soll es gehen, und mit „Shallow Life“, dem aktuellen Longplayer der Band, wird der kommerzielle Durchbruch mit einprägsamen Melodien und poppigen aber nicht völlig uninteressanten Songstrukturen geradezu herausgefordert. Dass man sich für dieses Vorhaben LINKIN PARK-Produzent Don Gilmore geangelt hat, spricht sicherlich für sich, dass LACUNA COIL jetzt allerdings wie LINKIN PARK klingen, ohne eigene Trademarks völlig über Bord zu werfen, dürfte allgemein recht zwiespältig aufgenommen werden. Da hilft es auch nicht weiter zu wissen, dass LACUNA COIL seit jeher ganz unterschiedliche Elemente in ihre Musik integrierten und dann und wann auch mal etwas experimentierten, nur kommt dies auf „Shallow Life“ eben sehr viel offensichtlicher zum Tragen als es bisher der Fall war.

Am typischen Wechselgesagng zwischen Sängerin und Aushängeschild der Band Cristina Scabbia und Sänger Andrea Ferro hat sich jedenfalls nichts geändert – „Shallow Life“ ist definitiv LACUNA COIL. Allerdings dürften dem ein oder anderen gewisse Ähnlichkeiten zu LINKIN PARK, insbesondere zum aktuellem Album „Minutes To Midnight“, nicht entgehen, wobei die äußerst glatte Produktion dem seit jeher poppigen Sound der Italiener durchaus schmeichelhaft entgegen kommt. Der Bogen wird aber an dem Punkt überspannt, an dem „I’m Not Afraid“ aus den Boxen tönt: Diese Gesangslinie, diese Riffs – das erinnert leider viel zu deutlich an einen der ganz großen Hits der US-amerikanischen Vorbilder: „Runaway“. Eine Interpretation dieses Songs als den eigenen auszugeben finde ich nicht nur gewagt, sondern auch sehr ärgerlich. Der erste Lichtblick wird jedoch gleich darauf in Form von „I Like It“ serviert, denn hier bricht Cristina aus ihrem sonst so festgefahrenen Schema aus und singt im Chorus sehr rhythmusbetont, was dem Song einen gewissen Charme verleiht. Auch die wunderschöne Ballade „Wide Awake“ und das folgende „The Maze“ können punkten.

Ein Großteil von „Shallow Life“ wird jedoch von Songs wie dem Opener „Survive“, „Not Enough“ und eben besagtem „I’m Not Afraid“ (erkennt ihr die Ironie, die sich in diesem Titel wiederspiegelt?) dominiert, die sich zwar alle nach zwei- oder dreimaligem Hören im Gedächtnis festsetzen, aber daraus auch recht schnell wieder verschwinden. Alle Zeichen stehen auf Chartplatzierung, besonders innovativ ist „Shallow Life“ aber ganz sicher nicht, wobei das Album aber auch seine guten Momente hat und für den schnellen Konsum unterwegs wunderbar zu genießen ist. Auf die Gesamtspielzeit gesehen kann „Shallow Life“ allerdings nicht vollständig überzeugen, denn viele Songs sind schlichtweg zu vorhersehbar und berechnend.

19.04.2009
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