KRYN zücken mit „Scars Remind Me“ ihre erste Visitenkarte und ich kann nur sagen, die ist vielversprechend! Breitbeinig stehen sie plötzlich im Türrahmen, praktisch keine Chance zu entkommen. Das fängt alleine schon beim Cover an, selten hat ein Artwork so perfekt zum Sound der Band gepasst. Wir sehen eine muskulöse, gespaltene Person, kühle Farben bestimmen das Bild, es wirkt futuristisch und als Gegensatz wurde ein rotes, flammendes Herz in der einen Hand und ein flammendes Gehirn in der anderen Hand platziert. Genau das sind die hervorstechenden Merkmale von KRYN aus Kroatien.
Karlo hat die Macht am Mirko und diese demonstriert er eindrucksvoll, mühelos wechselt er zwischen mächtigem, akzentuiertem Brüllen und schmeichelnden, druckvollen Tönen. Es gibt nicht viele Sänger, die so offensichtlich direkt aus dem Herzen singen. Damit symbolisiert er den weichen, emotionalen Part von KRYN, während die Rhythmusfraktion ein eisenhartes Gerüst liefert und sich technisch enorm versiert zeigt. „A/D/D/I/C/T/“ ist zweifelsohne ein kleiner Hit, der sich polyrhythmisch durch den Song trampelt und alle Trümpfe der Band gnadenlos ausspielt. Drummer Igor unterstützt den brachialen Sound grandios, zeigt sich verspielt und immer dynamisch. „Scars Remind Me“ kann man also vielfältig genießen, man kann sich nur verzückt auf das Drumming konzentrieren oder auch das Gesamtkunstwerk auf voller Lautstärke reinziehen. Fans von GOJIRA-Schlagwerker Mario Duplantier sollten mal beim Track „Second“ nachhorchen. „Meditiva“ hat ein packendes Main-Riff und schafft es in über sechs Minuten dauerhaft zu unterhalten. KRYN zeigen imposant, wie man Härte mit Feinfühligkeit kombinieren kann und zu allem Überfluss offenbart Sänger Karlo in diesem Song noch eine weitere Facette seines stimmlichen Umfangs. Dafür ist das geklaute KORN-Riff im folgenden „New Disease“ zu verzeihen, fällt wahrscheinlich eh nur Die-hard-KORN-Fans wie mir auf… Was KRYN auf „Scars Remind Me“ auspacken, lässt so manches Debüt lachhaft, jämmerlich danebenstehen und bitterlich weinen. Undbedingt nach dem letzten Song knappe zwei Minuten weiterlaufen lassen, um die schöne versteckte Akustik-Ballade nicht zu verpassen!
Klanglich zeigt sich „Scars Remind Me“ ebenfalls tadellos, die Scheibe ist sehr klar und druckvoll abgemischt, Feinheiten rausgekitzelt und trotzdem wurde auf Homogenität geachtet. Nun kommen wir zu den Schwachpunkten, die letztendlich eine höhere Wertung verweigert haben (Tendenz nach oben!). Im Midtempo-Song „Reminder“ ist für mich irgendwie der Wurm drin, der Refrain klingt mir zu beliebig, die Klavierklänge erzeugen unnötigen Pathos und hier sitzen die Tempowechsel nicht wirklich. Auch das JOHNNY CASH-Cover wäre jetzt nicht unbedingt nötig gewesen, nach der Vorlage kann man eigentlich nur verlieren. Allerdings stellt sich hier auch wieder heraus, welch gewaltiges Können bei KRYN vorhanden ist. Meckern auf unverschämtem Niveau, denn Fakt ist: KRYN werden schon bald in aller Munde sein und Kroatien als eine der führenden Metal-Bands präsentieren dürfen.
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