KONTRUST waren bei Szenewächtern und Gatekeepern nie besonders beliebt. Der kometenhafte Aufstieg der Band sorgte für viele hochgezogene Augenbrauen. Es dauerte nicht lange, bis die Festivalbühnen von der österreichischen Crossover-Bastion dominiert wurden. Die Kombination aus modernen Rock, Metal, Reggae/Dancehall-Elementen und einer riesengroßen Portion guten Laune stieß aber nicht überall auf Gegenliebe. Genau aus diesem Grund rieben sich viele Neider beim Ausstieg von Sängerin Agata Jarosz schon die Hände: Zwar hing Drummer Roman Gaisböck ebenfalls die Sticks an den Nagel – doch eine charismatische Sängerin ist deutlich schwerer zu ersetzen als ein Schlagzeuger. Der Fakt, dass der Vorgänger „Explositive“ bereits fast 10 Jahre auf dem Buckel hat, scheint die Band auf eine nie gekannte Zerreißprobe zu stellen. Kann „Madworld“ den Erwartungen gerecht werden?
KONTRUST: Make It Or Break it
Kommen wir direkt zu der Frage, die die meisten Fans von KONTRUST am brennendsten interessiert: Wie schlägt sich die neue Sängerin Julia Ivanova? Wer ihren Namen bei YouTube eingibt, kann sie sich eigentlich selber beantworten. Die taffe Osteuropäerin hat einen eigenen Kanal, auf dem Sie ein beeindruckendes Repertoire aus Rock, Pop, Metal und Musical-Klassikern darbietet. Zudem dürfte sie so manchen durch ihre aufsehenerregenden Auftritte bei der ukrainischen Ausgabe von „The X-Factor“ bekannt sein. Für das stilistische Potpourri, welches KONTRUST auch auf „Madworld“ abliefern, ist die Dame also bestens geeignet.
Die letztjährigen Festivalauftritte stellten einen gelungenen Einstand für die Sängerin und auch den neuen Schlagzeuger Joey Sebald dar. Das neue Line-up hat also schon seine Feuerprobe bestanden – doch wie schneidet „Madworld“ im Vergleich zum letzen Album „Explositive“ ab? Wirklich nicht schlecht. Die neuen Songs wirken relaxter und weniger hibbelig als zuvor. Die Band scheint sich jeglichen Erwartungen zu verweigern und lädt die Fans zur Gaudi ein.
Ringelpiez im Irrenhaus
Wer mit der ersten Song „I Physically Like You“ nicht warm wird, sollte auf den Genuss von „Madworld“ verzichten. Die Synthies sind diesmal nämlich präsenter und die Single ziemlich repräsentativ für das gesamte Album. Es ist auffällig, wie gut Frontmann und Bandkopf Stefan Lichtenberger und Julia Ivanova harmonieren. Letztere versprüht auf „Black Soul“ pseudo-indische Matha-Hari-Vibes und darf sich an deutlich dreckigeren Gesangslinien versuchen, als man sonst von KONTRUST gewohnt ist. Auch der Breitwand-Refrain der zweiten Single „The End“ wird bei der nächsten Festival-Saison besonders gut einschlagen.
Das ist doch der totale „Lederhosen Overkill“ , oder? Dieser Song ist nicht nur ein Tribut an die Bühnenoutfits der Band, sondern auch eine Demonstration der hohen Kunst des Jodelns. Man muss an dieser Stelle nicht nur KONTRUST, sondern auch Napalm Records loben. Es ist nicht verwunderlich, dass das Label so langsam den Stellenwert einnimmt, den Nuclear Blast Records zwischen 2000-2008 besessen hat. Keine Plattenfirma schafft es sonst, so kuriose und interessante Bands in den Mainstream zu bringen.
Absturz im Bierzelt oder Gaudi im Wirtshaus?
Es war ein brillanter Schachzug, das neue Line-up erst auf den Bühnen zu etablieren. Durch die herausragenden Leistungen der neuen Mitglieder hat sich eine positive Stimmung verbreitet, die der neuen Scheibe zugutekommen wird. Doch ist „Madworld“ ein besseres Album als der Bandklassiker „Second Hand Wonderland“ ? Nö. Aber das muss es auch gar nicht sein. Das Niveau des Vorgängers wird locker gehalten und die Band meldet sich erfolgreich zurück.
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