Koldbrann - Vertigo

Review

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Über sechs Jahre ist es her, dass sich KOLDBRANN das letzte Mal mit einem Full-Length-Album meldeten („Moribund“, 2006). Zwar gab es zwischendurch eine DVD, eine Split und zwei EPs – aber auch unter diesen „kleinen“ Veröffentlichungen liegt die letzte mehr als drei Jahre zurück („Russion Vodka / Metalni Bog“ von 2009). Doch im November bildeten sich fünf finstere Gestalten im Nebel ab und hauten uns die Single „Totalt Sjelelig Bankerott“ um die Ohren, die gleichzeitig eine wuchtige Rückmeldung und ein Ausblick auf das war, was nur zwei Monate später folgen sollte: das dritte Album „Vertigo“.

Und obwohl ich nicht beurteilen will, ob sich alle Fans der älteren KOLDBRANN-Alben für das neue Werk begeistern lassen werden – aus meiner Sicht hat sich die Pause durchaus gelohnt, denn man hat sich weiterentwickelt. Wer es jetzt mit der Angst zu tun bekommt, die Drammener rund um das Duo Mannevond (Gesang) und Kvass (Gitarre) wären weicher, langweiliger, erwachsener geworden, den kann ich beruhigen: „Vertigo“ ist tiefschwarz und rotzig wie es KOLDBRANN-Werke eh und je waren. Und doch könnte man hier davon reden, dass KOLDBRANN ein bisschen reifer klingen – nicht im negativen Sinne (wie oft diente „Wir sind deutlich gereift“ schon als Synonym für „Unsere Musik ist jetzt langweilig“), im Gegenteil: KOLDBRANNs Musik ist anno 2013 reichhaltiger, offener und abwechslungsreicher denn je.

Das fängt damit an, dass der rockige Groove, den es bei dieser Band ja immer schon gab, stärker ausgebaut wurde und (wie Kvass im Interview betont) nicht zuletzt durch die Groove-Vorliebe des neuen Schlagzeugers Folkedal viel mehr Raum zugesprochen bekommen hat. Aber nicht nur das, auch mit analogen Synthesizern experimentieren KOLDBRANN auf „Vertigo“. Diese erweitern den rotzigen Black Metal stilistisch, fügen sich aber klanglich in den rohen Sound ein, als wären sie schon immer in diesem Maße dagewesen. Besondere Aufmerksamkeit verdient auch die Tatsache, dass KOLDBRANN auf ihrem neuen Werk das Tempo öfter noch ein Stück weiter herausnehmen, als es die Midtempo-Grooves eh schon verlangen: „Phantom Kosmonaut“ oder auch „Inertia Corridors“ beinhalten fiese, atmosphärische Doom-Parts par Excellance und fügen so eine weitere Note zum erneuerten (oder besser: überarbeiteten) Sound der Band hinzu, der damit oft progressiver, reichhaltiger und durchdachter wirkt als alles, was KOLDBRANN zuvor aufgenommen haben.

Wer es am liebsten nur nekro und rumpelig hat, könnte von „Vertigo“ enttäuscht sein – wer auch mal über den Tellerrand blicken mag, darf sich über ein Album freuen, das eine klassische Oldschool-Band auf erhöhtem Niveau zeigt. „Vertigo“ ist ganz klar KOLDBRANN, aber mit Erweiterungen – nicht langweilig, nicht weniger atmosphärisch oder fies, aber deutlich reifer als zuvor; mit einem Album, das sowohl anspruchsvoll als auch eingängig und roh klingt.

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17.01.2013

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