Ein Soundtrack ist nicht nur ein elementarer Bestandteil eines guten Films, auch für Computerspiele wird immer mehr Aufwand betrieben, um die gigantische Welt musikalisch passend zu untermalen.
„Silent Hill“ wäre nicht so düster, verlassen und postapokalyptisch gewesen ohne die hervorragende Arbeit des japanischen Komponisten Akira Yamaoka. Die Hölle könnte wohl nicht besser klingen als auf den „Doom“-Teilen. Und auch für aktuellere Computerspiele, vor allen Dingen die beliebten Massive Multiplayer Online Action Roleplaying Games (MMORPG) wie „World Of Warcraft“ oder „Herr Der Ringe-Online“, wurde ein Soundtrack komponiert, der Howard Shore und Hans Zimmer erblassen lässt.
Vor knapp 75 Jahren erschuf Low-Fantasy-Autor Robert E. Howard die fiktive Geschichte um den cimmerischen Söldner Conan, der später König von Aquilonien wurde. Dass diese Geschichten genügend Stoff für Filme boten, wurde schon vor etlichen Jahren bewiesen, man muss aber nicht erwähnen, dass diese misslungen waren. Ein norwegisches Game-Development-Team hat sich erneut den Ebenen Hyborias und seinem Protagonisten angenommen und haben mit „Age Of Conan – Hyborian Adventures“ eine gigantische Spielwelt voller Sex, Blut und Gewalt erschaffen. Obwohl Spiele dieser Art meist als suchtgefährdendes Mittel für Teenager gesehen und belächelt werden, ist dieses Spiel nichts für schwache Nerven und gehört zu einem der brutalsten seiner Gattung, was sich nicht zuletzt an dem FSK 18-Siegel erkennen lässt.
Der norwegische Komponist Knut Avenstroup Haugen scheint auf dem ersten Blick niemandem etwas zu sagen, ist er doch als Gitarrist „Euroboy“ von TURBONEGRO geläufiger. Wie er den Sessel besetzen konnte, statt massentaugliche punk’n’rollige Songs einen Soundtrack zu komponieren, bleibt offen. Fakt ist jedoch, dass er es durch Orchesterunterstützung und verschiedenen Chören und Instrumenten geschafft hat, eine epische Bandbreite an Klängen für diese breite Spielwelt zu komponieren, der die unterschiedlichen Gebiete der virtuellen Welt von Hyboria musikalisch reflektiert. Doch so gewaltig das Spiel auch ist, so verhalten und mystisch klingt der Soundtrack. Eher zurückhaltend, statt aufbrausend, wütend und wild wie im Spiel, wurden eher klassische und folkloristische Melodien aufgegriffen, was sich besonders durch die elfenhafte Sopran-Stimme und die Verwendung nordischer, lateinischer und hyborianischer Sprache in den Texten auszeichnet. Auch orientalische Klänge – mit männlichen wie auch marokkanischen Gesängen und exotischen Instrumenten – finden neben den hauptsächlich fernen, nordischen Klängen aus einer alten, vergessenen Welt Platz und spiegeln dadurch die verschiedenen Schauplätze mit anderen Witterungsbedingungen und Kulturen wider. Ein zentrales Element sind die Verwendung der Chöre und der unterschiedlichen Solo-Vokalisten, die auch ohne Orchester-Unterstützung in den Vordergrund gerückt werden. Die Songs wurden spielgetreu in Leveln aufgeteilt und garantieren dadurch die authentische akustische Entwicklung, die ein Spieler in dem Game durchmacht. Passend zum Namen wird es jedoch zeitweise in den Feldern der Toten auch düster. Militante und martialische Hymnen durch heftige Percussions in gegensätzlicher Symbiose mit Streichern werden, wenn auch gemäßigt, verwendet. Stattdessen dominiert die Verspieltheit, Fröhlichkeit und auch ab und an ein dezentes Eintauchen in genretypischen Kitsch über die sonst zu erwartende nordisch-kühle Distanz und Abweisung. Wiederholt wird die Hauptmelodie des Spiels aufgegriffen, die mir auch nach mehrmaliger akustischer Reise durch Hyboria eine leichte Gänsehaut beschert.
Seltsamerweise gestaltet sich die Bonus-CD als absoluter Bruch mit dem eigentlichen Soundtrack. Kein Wunder, wenn auch verwunderlich ob der Differenz, dass Knut auch gleich die restlichen Mannen von TURBONEGRO engagiert hat, um exklusiv einen Song beizusteuern. Opern gibt es zwar keine von den Rock’n’Rollern, lediglich den dürftigen Beitrag „Destroy All Monsters“, der textlich die gesamte Zockerwelt auf’s Korn nimmt, aber im typischen, wenn auch nicht bahnbrechenden, Stil ist. Bekannte Songs wie „We’re Gonna Drop The Atom Bomb“ und „Do You Do You Dig Destruction“ wurden auch gleich noch auf den Silberling gepresst. Was diese Bonus-CD auch noch besonders macht, ist, dass die ergänzenden Kompositionen aus dem Spiel nicht nur ein Gimmick sind, sondern ich auch bei Weitem als die Besten erachten würde.
Immer wieder erstaunlich, wieviel Aufwand für eine Soundtrack-Produktion gemacht wird, die einem Spiel und keinem Blockbuster dient. Ein Zeichen, dass dieses Medium immer mehr an Bedeutung gewinnt. Der Soundtrack zu „Age Of Conan – Hyborian Adventures“ hätte ebenso für einen Film der Machart von „Herr Der Ringe“ verwendet werden können. Gerade für diese Jahreszeit, wenn man sich eher in seinen vier Wänden einmauert, kann dieser Soundtrack auch ohne aktives Mitwirken am Geschehen in und um Hyboria genossen werden. Die Fans des Spiels werden sich diesen Soundtrack hoffentlich eh zulegen und diejenigen, die fantastische Geschichten und ebensolche Soundtracks mögen werden auch begeistert sein. Aber man muss schon ein Fan des Genres sein, um nicht von dem gelegentlichen Kitsch und Bombast erdrückt zu werden. Auch als ein Action-Spiel hat es seine Wurzeln fest im Fantasy-Genre. Zum Träumen und Hinabgleiten in andere Welten reicht dieser abwechslungsreiche, atmosphärische und alles in einem einfach schöne Soundtrack allemal.
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