Klabautamann - Der Ort

Review

Was hat David den Kabautamann nur in den düsteren Wald Fangorn verschlagen?
Gewiss will er sich an der dort ganz im Heimlichen verborgenen Schönheit erfreuen und „Den Ort“ finden, wo er mal ungestört piseln kann. Also hüpft David fröhlich durchs Unterholz und gibt acht, dass er seine rote Mütze nicht verliert oder dass er von einem Troll in den Hintern gebissen wird – so was kann ne höllische Infektion nach sich ziehen. Jeder, dem schon schon mal ein vermaledeiter Troll seine fauligen Hauer in den Allerwertesten geschlagen hat, wird dies bestätigen können.

Und was hat sich der gute David in seinen Walkman gepackt, um seine kleine Reise durchs dichte Geäst musikalisch zu untermalen? Richtig! Die vorliegende Platte „Der Ort“. Und jenes Scheibchen wird alsgleich zum Soundtrack der Wanderschaft des Kabautamanns. Während er noch vergnügt auf dem weichen Waldboden umhertollt und sich an dem berauschenden Duft der Tannen ergötzt, laufen ihm zarte Melodien ins Ohr, so süß wie Waldhonig eben.

Doch dann gewahrt er etwas gar Schröckliches! Eine Cola-Dose! Diese verdammten Touristen! Lassen sie doch überall ihren Zivilisationsmüll herumliegen! Und da ist mächtig Ärgern angesagt! Und ein wenig Ausrasten! Dazu passen vortrefflich die Double Bass getragenen schwarzmetallischen Blast Attacken der CD, die über den ahnungslosen Hörer ebenso unerwartet hereinbrechen, wie David urplötzlich das Rot der Dose in den Zweigen ausmacht. So eine Unverfrorenheit! Müll im Fangorn… doch ebenso schnell, wie Davids Zorn verraucht, stellen die Schwarzkittel auf der Platte ihr wüstes Gehacke und derbes Gekeife ein und zupfen auf der Akustikklampfe alsbald wieder eine liebliche Melodei.

Und wir können uns vorstellen, wie David über tannennadelbestreute Wege wandelt, umgeben von knorrigen Wurzeln und bemoosten Steinen, auf denen sich das leise Getier des Waldes versammelt, um den bezaubernden Weisen aus Davids Walkman zu folgen. Und was vollführen sie für einen tollen Tanz! Ein Reigen der Viecher, wie es keinen zweiten gibt. Fein, dass die Band auf Davids Platte passend dazu ein paar folklastige Parts eingestreut haben. Dann geraten sie sogar ins Träumen, wenn flüsternde Stimmen sie fast in den Schlaf wiegen.

Läge da nur nicht eine beschissene Aldi Tüte auf dem umgestürzten Baumstamm! Und wieder ist ärgern angesagt! Und ärgern, ärgern … ÄRGERN! Gut, dass die Leute sich auf der Platte auch gerade wieder ziemlich aufregen und die Äxte und die Kicks kräftig losschreddern lassen. Am besten passt da der Titel „Waldschrat“, der unterstützt durch den Bonner Metzgoreler Horn als wuchtige Death Metal Walze ganze Büsche Platz macht. Nun hat sich David mal Luft gemacht über die üblen Umweltsünder. Aber schon bald regt sich David wieder ab, hat er doch einen gar eigenwürdigen und merkartigen Pilz entdeckt, der dort im Schattengrund hinter einer Schonung wächst. Nur wird einem so komisch, wenn man davon nascht. Aber zu diesem kleinen rauschhaften Ausflug unseres Davids hat die Platte ja auch die passenden Momente bereit und offeriert dem Pilzfan abgedrehte Passagen, die mit verschachtelten Strukturen, aufwendigen Arrangements und psychedelischem Gewirbel aufwarten können. Zwar wirkt das Ganze etwas zerfahren und der arme David torkelt ein wenig ziellos durch den Wald, aber hey… auch das bietet die Platte, ist sie zuweilen doch etwas gehetzt, verworren und scheint über weite Teile ein wenig improvisiert.

Auch die Doppelbasstrommelteppiche wirken ein wenig in die Ferne gerückt, während ein paar Fills und mehr Rolls jenseits von 0815 wünschenswert gewesen wären. Doch den David stört das nicht allzu lange, hat er doch endlich den „Ort“ gefunden, wo er frei sein darf und strullen kann, wohin er will. Dummerweise latscht er dabei auf irgendwas, was die Bundeswehr da hat liegen lassen. Ein letztes Mal gibt es eine schwarzmetallische Explosion, dann hört David sogar das zarte Stimmlein einer holden Maid, die ihm den Abgesang auf sein Wichtelleben entgegenträllert. Und ihr ahnt es schon, wir sind beim letzten Track der Scheibe angekommen, auf dem Isabel Jasse recht poppig dem Bonner Waldfetischistenduo Steffens/Toyka unter die Arme greift.

Als es David zerreißt, bemerkt er noch, dass Klabautamann ein „L“ haben… aber eigentlich hat er das an sich niemals vermisst.

22.04.2005

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4 Kommentare zu Klabautamann - Der Ort

  1. metalgreg sagt:

    Will heißen: Zügellose Black Metal-Raserei trifft auf akustisch-atmosphärische Schwelgereien. Zuweilen etwas zerfahren und schwer nachvollziehbar, aber durchaus um Eigenständigkeit bemüht. Für Ohren mit avantgardistischem Knick zweifellos geeignet. Alle anderen: Finger weg! Gaaanz knappe sechs Punkte!
    Btw: Würde so etwas NIE im Walkman laufen lassen, wenn ich im Wald einen Urinierplatz suche! 😉 Und rote Kappen trage ich auch nicht!

    6/10
  2. **deadjolly** sagt:

    also wer diese cd nicht zu schätzen weiß ist selber schuld!!
    hört euch bitte mal die samples von ihrer homepage an…wer dann immer noch denkt die platte ist nur 6 pkte wert….der hat einen ordentlichen schaden!!

    9/10
  3. zigor sagt:

    Nur 6 Pkt? Lächorlich, der Lächerlichkeitsdämon hat wieder zugeschlagen…
    Und Taunusheim bekommen 8.. ja ne, is klar… 🙂

    9/10
  4. redrum sagt:

    Das ganze hätte auch nicht umbedingt ins Lächerliche gezogen werden müssen. Zum Glück sind Rezensionen immer rein subjektiv. Ich persönlich halte das Stück für ein gelungenes progressives sehr atmosphärisches Black Metal Machwerk. Sehr abwechslungsreich und nicht so eintönig wie manch ein Album was hier mehr Punkte bekommt.

    8/10