KK’s PRIEST satteln zwei Jahre nach ihrem Debüt „Sermons of the Sinner“ erneut auf. Mit „The Sinner Rides Again“ legt die Band um K.K. Downing und Tim „Ripper“ Owens einen starken Zweitling nach, der natürlich mal wieder nur so vor JUDAS PRIEST-Referenzen strotzt. Doch egal wie man zu dem ganzen Hickhack nach Downings Ausstieg beim britischen Metal-Flaggschiff, gescheiterten Wiedereinstiegsversuchen, diversen gekränkt wirkenden Kommentaren in Richtung seiner Ex-Bandmates und natürlich musikalischen wie textlichen Zaunpfahlwinken steht, ein Anrecht auf das PRIEST-Erbe hat der Gitarrist genauso wie seine ehemaligen Kollegen, hat er diesen Sound und damit den Heavy Metal an sich doch über Jahrzehnte mitgeprägt.
KKs PRIEST begeistern auch ohne Überraschungen
Entsprechend schwungvoll werfen sich KK’s PRIEST dann auch genau in dieses Erbe und man muss doch staunen, wieviel Zunder der gute Herr Downing auch nach über 50 Jahren im Musikbusiness noch unter der Haube hat. Denn das Feuerwerk an geilen Riffs, welches er auf „The Sinner Rides Again“ abfackelt, dürfte so manchem jüngeren Musiker den blanken Neid auf die Stirn treiben und Heavy-Metal-Fans weltweit ein glückliches Grinsen ins Gesicht zaubern. Ebenfalls erfreulich ist es immer, wenn Ausnahmesänger Tim Owens ein paar wirklich gute Songs mit seiner Stimme veredeln darf; denn so toll der Ripper auch trällert, so mittelprächtig sind doch viele der Projekte in die er involviert ist.
Das kann man von KK’s PRIEST allerdings keinesfalls behaupten, denn gleich mit dem flotten „Sons of the Sentinel“ gelingt ein knackiger Einstieg, bei dem der Ripper in bester „Painkiller“-Manier die Stimmbänder malträtiert. Dass es sich dabei sogar um einen der etwas schwächeren Songs auf „The Sinner Rides Again“ handelt und die wahren Highlights des Albums sich erst im zweiten Drittel manifestieren, spricht eher für als gegen das Album. Man macht es sich aber auch nicht leicht, wenn man versucht eine der JUDAS PRIEST-Hymnen schlechthin fortzusetzen.
Der treibende Fist Raiser „One More Shot At Glory“ steckt seinen Gegenpart von „Painkiller“ wiederum problemlos in die Tasche, „Hymn 66“ beginnt sehr gemächlich, türmt sich mit zunehmender Spielzeit aber zu einem ziemlich epischen Monster auf und der Titeltrack erinnert mit tonnenschweren Riffs und des Rippers dämonischem Gesang an die sträflich unterbewertete „Jugulator“, bevor der Song in eine überraschend melodische Bridge übergeht.
„Keeper of the Graves“ steigt mit Glockengeläute, Akustikgitarre und sakralen Hintergrundgesängen ein, während Tim Owens den finsteren Geschichtenerzähler gibt, bevor die Nummer nach knapp zwei Minuten mit kreischenden Gitarren zu einem stampfenden Uptempo-Banger mutiert. Hier herrscht Gänsehautfaktor 10! Dieses Niveau erreichen „Pledge Your Souls“ und „Wash Away Your Sins“ zwar nicht mehr ganz, dennoch gibt es auch hier feinsten Heavy Metal auf die Ohren und man wird mit dem Gefühl aus dem Album entlassen, nicht einen einzigen schlechten Song gehört zu haben,
Gewohnte Stärken treffen auf bekannte Schwächen
Zwar liefert die gesamte Besetzung von KK’s PRIEST stark ab, die Stars der Show sind aber natürlich trotzdem ganz eindeutig K. K. Downing und Tim Owens. Der Gitarrist und Hauptsongwriter schüttelt sich edle Riffs, famose Leads und virtuose Solos aus dem ledernen Ärmel, die auch bei seiner alten Band nicht unter den Tisch gefallen wären. Man merkt, dass Downing, der ja unter Glenn Tipton angeblich nie so richtig im Rampenlicht stehen durfte, sich hier richtig austobt. Auch der Ripper zeigt sich so vielseitig wie schon lange nicht mehr und beweist, dass er mehr kann als nur in den höchsten Tönen zu kreischen. Hätten JUDAS PRIEST statt dem unsäglichen „Demolition“ ein Album dieses Formats auf „Jugulator“ folgen lassen, dann würden viele Fans sicher mit mehr Wohlwollen auf die Bandphase ohne Rob Halford zurückblicken.
Während „The Sinner Rides Again“ die Nase im Vergleich zu „Sermons of the Sinner“ fast in allen Belangen ein Stück weit vorne hat, bleibt allerdings auch ein Schwachpunkt, der bereits den guten Eindruck des Debüts ein wenig getrübt hat. Die Lyrics sind nämlich mal wieder unglaublich flach und nichtssagend geraten. Ja, selbst für traditionellen Heavy Metal. Man könnte teilweise meinen, KK’s PRIEST hätten die Texte nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt und eine Metal-Plattitüde nach der anderen aneinandergereiht oder einfach gleich von einer KI generieren lassen, wobei selbst die wohl zu Tiefsinnigerem im Stande wäre.
Generische Lyrics hin oder her, in dieser Form darf K.K. Downing gerne noch ein paar Alben aus der Hüfte feuern, das nächste Mal aber vielleicht mit einem anderen Texter und weniger Direktverweisen auf PRIEST-Klassiker. Abgesehen davon ist „The Sinner Rides Again“ eine durchweg unterhaltsame Vollbedienung geworden, über die sich Heavy-Metal-Fans allgemein und JUDAS PRIEST-Jünger im Besonderen einen Keks freuen dürfen.
Wirklich gute Scheibe mit einigen Überraschungen im Detail, welche echt Arsch treten!