Kings Winter - Edge Of Existence

Review

Hinter KINGS WINTER stecken die Eheleute Jule und Tobias Dahs aus, Achtung, Trommelwirbel, jetzt kommts: Königswinter! Das Duo hat 2019 bereits die EP „Forging The Cataclysm“ veröffentlicht und legt nun mit dem Debütalbum „Edge Of Existence“ nach. Hauptamtlich ist das Paar außerdem Teil der Death Metaller LIVING ABYSS (ehemals LEVIATHAN), mit KINGS WINTER geht es allerdings eher in Richtung moderner Heavy- und Alternative Metal.

KINGS WINTER zeigen gute Ansätze

Angesichts der Tatsache, dass KINGS WINTER ursprünglich als kleines Studioprojekt bzw. als gemeinsame Paaraktivität für die Auszeiten von LIVING ABYSS geplant waren, muss man zunächst die hohe Professionalität der ganzen Chose loben. Vieles hier ist im DIY-Verfahren entstanden; Tobias Dahs hat außer den Drums alle Instrumente selbst eingespielt und ist dazu auch noch für den Großteil der Produktion verantwortlich, nur das Mastering wurde in fremde Hände gegeben. Da kann man schonmal anerkennend nicken, denn das Ergebnis klingt druckvoll, satt und genügt höchsten professionellen Standards.

Ebenfalls löblich hervorzuheben ist die klare Kante, die KINGS WINTER in ihren Texten gegen Rassismus, Krieg, soziale Ungerechtigkeit und für Gleichberechtigung beziehen. Inhaltlich ziehen sich diese Themen durchs ganze Album, wer also lieber Songs über waffenstarrende Krieger, abgehobene Fantasywelten und heldenhafte Ritter hören will, ist hier definitiv falsch aufgehoben. So löblich die Einstellung der Königswinterer ist, so unbeholfen wird sie teilweise lyrisch rübergebracht, zudem operiert man oftmals ohne Rücksicht auf Betonung nach dem Prinzip „reim dich oder ich fress dich“. Diese fehlende Eleganz schmälert die Wirksamkeit der Texte leider etwas, lässt andererseits aber auch keine Fragen offen. Nun muss man der Fairness halber natürlich auch sagen, dass sich KINGS WINTER besonders in Hinblick auf den zweiten Punkt in ganz guter Gesellschaft innerhalb der deutschen Metalszene befinden.

Abzüge beim Gesang

Der größte Kritikpunkt des Albums liegt wohl beim teilweise etwas inkonsistent daherkommenden Gesang. Dabei hat Jule Dahs bei LIVING ABYSS bereits bewiesen, dass sie durchaus Kraft auf den Stimmbändern hat und auch hier blitzt ab und an mal eine Rockröhre à la Doro Pesch oder ein knackiger Shout durch. Die Stimmlage, auf die sich Frau Dahs bei KINGS WINTER wiederum überwiegend konzentriert, liegt ihr leider grade in den höheren Bereichen nur bedingt.

Bei der Hüpf-Metal-Nummer „Kingdom Of The Blind“ etwa wird sie von den fetten Gitarren regelrecht niedergegroovt und gelegentlich klingt es auch leicht wackelig. Fatal ist das nicht, der eingängige Titeltrack, hymnische Stücke wie „Ghosts In This Machine“ und „Dangerous Ascendancy“ oder balladeskes Material wie „The Next In Line“ könnten allerdings richtige Kracher sein, wenn der Gesang nur etwas kraftvoller rüberkäme. Beim flotten Power Metal von „Crusaders Of Today“ wiederum geht es plötzlich. Auch hier verwandelt sich Jule Dahs zwar nicht in eine Brittney Hayes (UNLEASH THE ARCHERS), liefert aber mehr Konsistenz als bei manch anderem Song. Warum nicht gleich so?

KINGS WINTER beweisen an sich ein gutes Händchen für knackiges, auf den Punkt gebrachtes Songwriting und haben den ein oder anderen potenziellen Hit am Start, auch auf instrumentaler Seite und bei der Produktion stimmt alles. Dieser positive Gesamteindruck wird ob der durchwachsenen Gesangsleistung leider etwas getrübt und man wird das Gefühl nicht los, dass die Band ihre Karten hier besser hätte ausspielen können. Das ist etwas schade, denn Potenzial und starkes Songmaterial sind haufenweise vorhanden.

22.04.2021

"Musik hat heute keinen Tiefgang mehr." - H.P. Baxxter

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