Kings Of Mercia - Kings Of Mercia

Review

Soundcheck September 2022# 22

Warum zum Teufel auch immer eine Götterband wie FATES WARNING auf Eis liegt, während sich deren Protagonisten an gleich mehreren Nebenschauplätzen betätigen, ist ein wenig schleierhaft. Nicht nur Vokalist Ray Alder ist aktuell mit A-Z und FIGURE OF SPEECHLESS sehr umtriebig. Auch Gitarrist und Hauptsongwriter Jim Matheos vertreibt sich die Zeit mit dem Ambient-Rock-Projekt TUESDAY THE SKY und nun höchstaktuell mit geradlinigem Classic Rock in Form von KINGS OF MERCIA.

KINGS OF MERCIA: Classic Rock statt Frickel-Prog

Es ist spannend, dass sich die beiden FATES-WARNING-Masterminds nun unabhängig voneinander den eher erdigeren und traditionelleren Spielarten des Hard Rock widmen. Das drängt den Vergleich von A-Z und KINGS OF MERCIA förmlich auf, obwohl die beiden engen Freunde einander gewiss keine Konkurrenz darstellen wollen. Bei KINGS OF MERCIA sind neben Matheos an der Gitarre noch Tausendsassa Simon Phillips (Drums, u. a. TOTO, JUDAS PRIEST, MSG, ASIA), FATES-WARNING-/ARMORED-SAINT-Bassist Joey Vera und FM-Stimme Steve Overland von der Partie. Speziell Overland verleiht den unverkennbaren Matheos-Kompositionen einen gänzlich frischen Teint, da er sich gänzlich anders anhört als Ray Alder oder FATES-WARNING-Ursänger John Arch. Seine warme, raue Stimme fügt sich gut in den Sound ein und harmoniert prächtig mit der ohnehin hochkarätigen Besetzung.

Dennoch wollen wir den Vergleich garstigerweise mal bemühen und stellen fest: Ray Alder und A-Z liegen knapp vorn. Bei Matheos und KINGS OF MERCIA mangelt es im Vergleich latent an echtem Bandfeeling und der notwendigen Spontanität. Selbstredend ist Matheos ein begabter Songwriter und Produzent mit gefühlten hundert Alben Erfahrung und wir jammern auf hohem Niveau. Aber die alleinige kompositorische Last auf seinen Schultern führt zur einer geringfügig höheren Füllerquote als bisher. Mit Stücken wie dem Opener “Wrecking Ball” oder “Too Far Gone” beweisen die KINGS, wie gut die charakteristischen Gitarrenfiguren von Matheos und die Vocals von Overland in Verbindung mit großen Hooklines sein können. Arg bemüht wirkende Groove-Rocker wie “Sweet Revenge” wirken aber hingegen etwas verkrampft und passen schwierig zu den eher melodischen Tracks. Zudem hat sich mit der Schmonzette “Everyday Angels” ein kleiner Fehltritt eingeschlichen, der für eine Platte aus dem Hause Jim Matheos ungewöhnlich und bedauerlich ist.

“Kings Of Mercia” ist kein schlechtes Album

Bei allem Gemecker muss allerdings festgehalten werden: KINGS OF MERCIA machen ihre Sache nicht schlecht und das Album ist weit davon entfernt, keine Daseinsberechtigung zu haben. Die beteiligten Protagonisten haben nur im Laufe ihres Lebens schon zwingendere Platten aufgenommen, sodass es für die unbedingte Kaufempfehlung nicht ganz reicht. Fans von modernem, nobel produziertem Classic Hard Rock sollten allerdings ein Ohr riskieren – wenn sie nicht aufgrund der Besetzungsliste eh schon neugierig geworden sind.

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15.09.2022

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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