Kings of Leon - Can We Please Have Fun

Review

Galerie mit 13 Bildern: Kings of Leon - Rock am Ring 2023

Einer etablierten Band dabei zuzuhören, wie sie Neues ausprobiert, ist eigentlich immer spannend. Wenn es sich dabei aber um eine Grammy-prämierte Formation mit eingebautem Radio-Airplay handelt, ist davon auszugehen, dass diese Experimente wahrscheinlich kaum irgendwen überrascht aus dem Sessel kippen lassen werden. So auch beim hier zu besprechenden Album. Im Zuge dessen wird sich sicher so mancher fragen, warum die KINGS OF LEON überhaupt hier auf metal.de stattfinden. Ehrlich gesagt: Ich habe auch keine Ahnung, aber sie landeten eines Tages einfach in unserem Promo-Verteiler und die morbide Neugier hat mich einfach übermannt – warum keine der Kolleginnen mir das Ding aus der Hand rissen ist Interpretationssache …

Die KINGS OF LEON versuchen sich an Indie und Britpop

Wie dem auch sei, das Familienunternehmen Folowill seilt sich auf Album Nr. 9, genannt „Can We Please Have Fun“, ein Stück weit von den Wurzeln ab. Der poppige Appeal ist ihnen dadurch nicht verlustig gegangen und wem sich da angesichts dieses einen, nicht tot zu kriegenden Songs von 2008 schon die Fußnägel aufrollen, der braucht im Grunde auch nicht weiter zu lesen geschweige denn rein zu hören. Denn was sich bei den Herren im wesentlichen geändert hat, ist ein Schwenk mehr in Richtung Indie-Rock und auch Britpop von der Sorte, mit der wir in den 2000ern die Ohren zugekleistert bekommen haben, kombiniert mit ihrem Hang zum bekannten, schmachtenden Pathos – nach eigener Aussage ist noch Americana mit dabei, was zumindest unsereinem jetzt nicht so auf „Can We Please Have Fun“ untergekommen ist.

Immerhin: Produzent Kid Harpoon hat dafür gesorgt, dass das ganze wie geleckt klingt, sodass es an dieser Front definitiv nichts zu meckern gibt. Wenn es auf „Can We Please Have Fun“ also etwas gibt, was sich die KINGS OF LEON nicht zum Vorwurf machen lassen müssen, dann ist das der technische Aspekt. Tatsächlich gibt es sogar ein paar nette Texturen zu entdecken, sodass die glasklare Produktion von Bedeutung ist und ihren Zweck erfüllt. „Rainbow Ball“ z. B. demonstriert dies ganz gut, da der Song aufgrund seiner Repetition von seinen Klangfacetten lebt. „Actual Daydream“ ist auch ganz nett gemacht und die Gesangslinien von Caleb Folowill haben hier durchaus Singer-/Songwriter-Charme.

Was sie sich jedoch definitiv gefallen lassen müssen, ist der Vorwurf der Gefühlsduselei, die in jedem Track vorherrscht. Manchmal ist das angebracht, „Ease Me On“ ist ein Fall, der ohne diesen Pathos eine nicht annähernd intensive Stimmung erreichen würde. Aber dieser angesprochene, schmachtende Pathos kommt in jedem Track zum Einsatz und verliert irgendwann seine Wirkung, vor allem wenn er wie in „Don’t Stop The Bleeding“ oder „Seen“ übers Ziel hinaus schießt. Selbst wenn die Band versucht, in Songs wie „Nothing To Do“ etwas rauer aufzuspielen, kommt dies spätestens in der Hook wieder hervor, wobei der Song generell klingt, als würde er mit angezogener Handbremse fahren. Das machen sie auf dem ungleich lässigeren „Mustang“ ein Stück weit besser und auch textlich etwas erfrischender.

Dabei liefert „Can We Please Have Fun“ erwartete Radio-Kost

Generell findet sich ein Großteil der besseren Tracks auf der ersten Albumhälfte wieder, was nicht heißt, dass diese nicht ohne Ausschuss ist. Ganz schlimm ist „Split Screen“, das vor Kitsch und Pathos nur so trieft. Aber die Dichte an höherwertigem Songmaterial ist in der ersten Hälfte höher. Neben den angesprochenen „Rainbow Ball“, „Mustang“ und „Actual Daydream“ findet sich hier auch ein „Nowhere To Run“ wieder, das Britpop-technisch schon einen gewissen, nostalgischen Flair inne hat. Die zweite Hälfte hat immerhin „Hesitation Generation“ mit seinem brauchbaren, durchgehenden Beat und „Ease Me On“ mit seiner sahnigen Stimmung, aber eben auch massenweise langweiligen Radio-Durchschnitt wie „Don’t Stop The Bleeding“, „M Generation“ oder „Seen“.

Gut und Unnötig balancieren die Waage hier also ziemlich genau aus, sodass die Platte im Gesamten geradezu perfekt durchschnittlich geraten ist. Vermutlich ist ein erhöhter Östrogenspiegel hier beim Genuss hilfreich. Die holde Damenschaft (sowie natürlich ausgewählte Gentlemen) darf sich daher zur untenstehenden Wertung 1-2 Punkte hinzudenken, da diese vermutlich nicht ganz so allergisch auf den durchgehenden Schmacht-Pathos reagieren wird wie unsereins. Aber es ändert wenig daran, dass „Can We Please Have Fun“ zwar mit Hochglanzpolitur brilliert und zumindest versucht, Neuland zu erkunden, dies aber auch nicht über handzahme Radio-Standards hinaus reicht. Für eine Handvoll gefällige Nummern ist „Can We Please Have Fun“ zumindest ganz gut und durchaus genießbar, sodass die neue KINGS OF LEON-Platte eine nette Easy Listening-Angelegenheit geworden ist – allerdings aufgrund des Airplay-Faktors mit beschränkter Halbwertszeit.

03.06.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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