Kingcrow - Hopium

Review

Ganze sechs Jahre hat es gedauert, ehe KINGCROW nun mit „Hopium“ den Nachfolger von „The Persistence“ (2018) veröffentlichen.

Der Weg zu „Hopium“

Das konzeptionelle „Eidos“ (2015) bildete einen Abschluss einer Trilogie über das Leben an sich. Der Nachfolger „The Persistence“ wiederrum folgte einem anderen Ansatz. Hier siebten KINGCROW die besten Stücke aus drei Stunden Ideenmaterial aus, während sie sich inhaltlich vollends der Empathie hingaben. Das Gefühl für andere, auf die Menschen zuzugehen. Und „Hopium“? Haben sich KINGCROW damit neu erfunden?

Kein Neuanfang – KINGCROW bleiben sie selbst

Das neue Album „Hopium“ der Italiener setzt das Einfühlungsvermögen von „The Persistence“ fort. Sie erforschen die Tiefen der Emotionen. Musikalisch wandeln KINGCROW dabei weiter auf ihrem Mix zwischen klassischem Progressive Rock/Metal sowie düsterem Ambient und Alternative Rock. Die Band verbleibt ungern innerhalb der Grenzen eines Genres, das ist schon Tradition und ihre eigene, persönliche Note. 2024 setzen die Römer verstärkt auf ruhigere Parts, Keyboards und eine ordentliche Portion Melancholie, ohne dabei kitschig zu sein.

Eröffnet wird das neue Werk von „Kintsugi“, einer traditionellen japanischen Methode, um zerbrochene Töpferwaren mit Hilfe von Goldverbindungen, die die Unvollkommenheiten, ja den Makel hervorheben, zu reparieren. Gleichzeitig ist es eine wunderbare Parallele zur Fähigkeit des Lebens, sich von Widrigkeiten und Niederlagen zu erholen. Zunächst mit stampfende Beats und elektronisch angehaucht, man denkt zunächst etwas an COLDPLAY, entwickelt sich das Stück zu einem amtlichen Rocker mit kräftigem, reiferem Gesang von Diego Marchesi und viel Melancholie. Das Keyboard auf „Glitch“ erinnert am Anfang stark an DEPECHE MODE, überhaupt stehen hier die elektronischen Sounds stärker im Fokus, dazu einige tolle Hooks. Im epischen, zweitlängsten Song „Parallel Lines“ sind die Einflüsse von PINK FLOYD unüberhörbar. Hier steht die düstere Atmosphäre im Mittelpunkt, ein Hauch von Melancholie mit elektronischen Elementen und zarten Melodien.

Insbesondere das Keyboard haben KINGCROW auf „Hopium“ weiter ausgebaut. Auch in „New Moon Harvest“ kommen von dem Instrument die ruhigen, warmen Klänge, während im zarten, klagenden „Losing Game“ die Akustikgitarre die größten Akzente setzt. Auch hier wieder viel PINK FLOYD, insbesondere „Animals“ (1977). Bis dahin lassen KINGCROW etwas die notwendige Dynamik missen. Viel besser ist „White Rabbit’s Hole“. Zunächst langsam beginnend und etwas nach Country klingend, entwickelt sich das Stück beständig weiter. Gesang, E-Gitarre, Keyboards, sanfte Percussion. Cooles, psychedelisches Gitarrensolo, der Bass erhöht deutlich die Energie, die Keyboards sind hier die Krone dessen, was KINGCROW bisher gemacht haben. „Night Drive“ schlägt den Bogen zum Vorgänger „The Persistence“ mit eingängigen Grooves und berührenden Melodien, getragen von Akustikgitarren, Keyboards und Streichern. Tiefer und lebendiger ist das zunächst getragene, dann pulsierende „Vicious Circle“. Hat was von THE PINEAPPLE THIEF.  Den Abschluss bildet der epische Titelsong, wo KINGCROW nochmal alles aus sich rausholen und tatsächlich die Kurve kriegen. Nach einleitenden Keyboards die teils futuristisch klingen steigert sich das Stück mit E-Gitarre, Bass, Gesang und Schlagzeug, von dramatisch bis richtig wuchtig heavy, Tanzende Rhythmen zu den Licks und Soli, Gastmusiker Vikram Shankar liefert ein starkes Klaviersolo.

Stark mit kleinen Makeln

Die Stücke sind akribisch ausgearbeitet. Der ohnehin progressive Ansatz wurde bei den komplexen Keyboards weiter ausgebaut. Dabei bleiben KINGCROW aber stets songdienlich, nichts passiert zum Selbstzweck. Die vorherrschende Melancholie und die nicht ganz so facettenreiche Stimme von Diego wirken auf Dauer aber etwas eintönig, was auf Kosten der Dynamik und Spannung geht. Stark ist „Hopium“ aber dennoch.

05.08.2024

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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