Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
Nachdem der exzentrische ex-MERCYFUL-FATE-Frontmann KING DIAMOND (aka. Kim Bendix Petersen) 1986 mit “Fatal Portrait” sein gutes, aber noch nicht zwingendes Quasi-Solo-Debüt vorlegte, befanden er und seine Mitstreiter sich offenbar auf kreativen Hochtouren. “Fatal Portrait” konnte immerhin beachtenswerte Anfangserfolge verzeichnen, was offenbar zu großen Motivationsschüben für die Band führte. Zudem ist die Truppe um den maskierten Sänger inzwischen hörbar zu einer echten Einheit gewachsen. So entsteht nur ein Jahr später nicht nur eines der legendärsten Alben der Heavy-Metal-Geschichte insgesamt, sondern auch eine Blaupause für sämtliche Konzeptalben der Szene. Denn “Abigail” ist ein perfekter kleiner Horror-Soundtrack. Exakt vierzig Minuten Spannung in Musik und Story gleichermaßen, sämtliche Details sind durchdacht, kein einziges überflüssiges Element lässt sich finden. “Abigail” ist eine vollständig immersive Welt, die euch nicht mehr loslässt, wenn ihr ihr einmal verfallen seid.
“We have gathered here tonight to lay to rest Abigail LaFey, whom we now know, was first born dead on The 7th Day of July 1777 …”
Dass “Abigail” als Gesamtwerk eine dieser perfekten Verbindungen von Text und Musik ist, erfahren wir schon mit dem grandiosen, soeben zitierten Intro “Funeral”. Die mysteriös verzerrten Stimmen (Okay, Kinners, es ist ’87. Es gelten noch andere Standards!) und unheimlichen Keyboardeffekte erzählen von Begräbnis und Totgeburt des Geisterkindes Abigail und leiten gekonnt in die inzwischen legendäre Eingangsmelodie des Openers “Arrival” über. Allein dieser Song lässt das gesamte “Fatal Portrait”-Album das Fürchten lehren: Eine warme und druckvolle Produktion, dynamisches Drumming von Mikkey Dee (später u. a. MOTÖRHEAD und SCORPIONS) und herrliche Solo-Duelle, bei denen Andy LaRocque und Michael Denner scheinbar um ihr Leben spielen. Nicht zuletzt kann man sich vor dem inneren Auge förmlich vorstellen, wie die Hauptfiguren Miriam und Jonathan in einer altehrwürdigen, unheimlichen Villa bei Regenwetter im Niemandsland in einer Kutsche anreisen.
Es bleibt kaum Zeit zum Verschnaufen und mit erneut anbetungswürdigen Leads und Melodien schließt sich schon “A Mansion In Darkness” (“And the house began to breathe, it seemed to be alive…”) an. Der Song ist nicht nur die perfekte Nummer für die entsprechende Stelle in der Story – er markiert auch den ersten Songwriting-Credit für den notorisch unterbewerteten Gitarristen Andy LaRocque, der sich langfristig als einzige Konstante neben King Diamond in der Band herausstellen sollte. Das Songwriting ist zwar wie schon auf “Fatal Portrait” oder zu MERCYFUL-FATE-Zeiten vertrackt und überrascht häufig durch abrupte Themenwechsel, doch haben KING DIAMOND inzwischen ein stärkeres Händchen für die absolut zwingenden Hooklines entwickelt. Auch in weiteren Stücken, wie “The 7th Day Of July 1777” oder “Omens” gibt es immer wieder diese kleinen Überraschungsmomente gepaart mit unverschämter Eingängigkeit, die “Abigail” insgesamt so langlebig (Obacht, ein kleiner Scherz für Vertraute der Story) machen.
KING DIAMOND: “Abigail” ist ein Welt-Klassiker für die Ewigkeit. Punkt.
Wenn dann gegen Ende des Albums beinahe beschauliche Akustik-Gitarren erklingen und King Diamond “Now we’re finally alone, Miriam …” singt, hofft man zwar aus dem Horror-Traum aufzuwachen, hat aber noch reichlich sieben Minuten und einen der besten KING-DIAMOND-Songs aller Zeiten vor sich: “Black Horsemen” ist eine epische Reise voll wunderschöner Melodien und wahnsinniger Breaks, der das Konzeptalbum “Abigail” unglaublich pointiert beendet. So ein rundes Werk, bei dem jeder Ton, jedes gesungene Wort und jeder verdammte Pinselstrich auf dem Louvre-würdigen Artwork stimmt, ist in der gesamten Heavy-Metal-Geschichte nicht alltäglich.
Deswegen sollte jeder Mensch, der Heavy Metal mag und sich für seine Geschichte und Hintergründe interessiert, “Abigail” von KING DIAMOND wenigstens einmal gehört haben. Dieses Album verdient es langfristig ohnehin, den Weg in eure Sammlungen zu finden, da es sich um Metal-Allgemeinbildung handelt. Außerdem wissen diejenigen, die mit dem Lebenswerk von KING DIAMOND vertraut sind, dass der Zug nun an Fahrt aufnimmt und in der Folge noch mehrere (!) absolut tadellose Konzeptalben nacheinander abwerfen sollte. Wir werden uns ihnen in Bälde widmen.
Ein absolutes Meisterwerk. Kaum ein anderes KING DIAMOND Album hat mich so sehr gepackt wie „Abigail“. „The Graveyard“ ist allerdings nah dran und auch ein 10 Punkte Kandidat (auch wenn es viele anders sehen).
Was unterscheidet „Abigail“ eigentlich von anderen KD Alben? Das Album ist morbide, beinhaltet einige Killerriffs und Solis und macht zugleich Spaß beim Hören.
Habe das Album nun tatsächlich zum ersten Mal gehört und bin wirklich sehr angetan davon. Nachdem ich mich auf dem Vorgänger etwas an King Diamonds „Gesang“ gewöhnen konnte, erscheint auf „Abigail“ wirklich alles runder. Die Vocals bleiben nun zum Glück nicht fast nur in den hohen Tönen, sondern sind facettenreicher gestaltet, was das Hören schonmal angenehmer macht.
Mal ganz abgesehen von der Story und dem Konzept, wird hier einfach perfekter Heavy Metal geboten. Alleine diese Soli sind spitzenmäßig und enorm häufig vertreten.
Kann der Kritik hier also insgesamt nur zustimmen, denn hier stimmt nahezu alles und der Abschluss ist wahrhaft grandios. So freue ich mich doch glatt noch einige Alben vor mir zu haben, die ich ebenfalls allesamt noch nicht kenne. Abigail ist auf jeden Fall sehr gute Musik!