Khlyst - Chaos Is My Name

Review

Wenn sich eine Band auflöst, wirft dies schnell die Frage auf, was danach mit den Musikern passiert. Machen sie weiter, produzieren sie nur noch oder ziehen sie sich komplett aus dem Business zurück. Im Falle KHLYST entstehen dermaßen viele Fragen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.

Beginnen wir mit den Fakten. KHANATE lösen sich auf und einer der Chefdenker dieser Avantgarde Doom-Truppe sucht sich einen neuen Spielplatz. James Plotkin nennt sich der gute Mann und ist der älteren Garde unter uns sicher noch bekannt als einer der Hauptakteure der OLD LADY DRIVERS aus den 90er Jahren. Die Frage, was nach KHANATE passiert, wäre somit geklärt, aber das war auch ohnehin nur ein nebensächliches Anliegen. Vielmehr lassen KHLYST nun vollkommen neue Fragen aufleben. Man kann schon fast von Grundsatzdiskussionen sprechen, die man in Bezug auf die Musik der Band führen kann. Wo hört Avantgarde auf und was passiert hinter dieser Grenze? Wo ist das Maß an Erträglichkeit zu Ende? Wo hört man auf zu staunen und wann beginnt man sprachlos den Kopf zu schütteln? Was ist noch Musik und was ist totaler Müll?

KHANATE waren bereits einst mit ihrem ultra-langsamen Drone Doom hart an der Grenze des Machbaren. KHLYST knüpfen da nicht etwa an, nein, sie gehen gleich zwei Schritte weiter und schröpfen nicht nur die Adern des Avantgarde, sondern kreieren aus dem Zwielicht jenseits der stilistischen Grenzen etwas völlig Neues. Ein krankes Gebräu aus fiesen Klängen und Tönen, ein scheinbar wirres Geflecht aus musikalischen Psychosen und Neurosen.

Neben Liedern, die aus reinem, aber fantastisch gutem Dark Ambient bestehen, gibt es avantgardistische Tonkunst jenseits jeglicher Normen. Scheinbar improvisierte Klangspiele entwickeln Struktur und werden nur Sekunden später wieder in sich zusammen geworfen. Gitarren spielen stark verzerrt fiese und kranke Tonfolgen, die sich kaum wiederholen, geschweige denn ein Déjà-vu-Erlebnis hervorrufen. Es gibt keine Riffs oder Akkorde. Ein Bass wummert und brummt, um der tonalen Hölle einen Boden zu bereiten. Das Schlagzeug agiert jenseits gängiger Normen und wird eher als Untermalung der Klanggerüste eingesetzt. Es gibt keinen geraden Beat, keinen nachvollziehbaren Takt, keine erkennbare Linie. Und es gibt einen Sänger, der so widerlich hässlich kreischt und schreit, krächzt und kotzt, winselt und leidet, dass man beim Hören dieser Apokalypse einzig und allein daran denken muss, wie seelisch krank dieser Mensch doch sein muss, um solche Töne aus seinem Munde heraus zu bekommen.

Leicht nachvollziehbare Strukturen gibt es überhaupt nicht bei KHLYST, nicht einmal schwer nachvollziehbare. Die einzige erkennbare Struktur auf diesem Album ist, dem Hörer nicht die geringste Chance zu geben, die Musik fassen und schnell begreifen zu können. KHLYST katapultieren ihre Opfer in ein (un-)geordnetes Chaos, in einen musikalischen Alptraum, in eine Welt des emotionalen Schmerzes und der abartigen Kunst.
Treffender könnte der Albumtitel demnach nicht sein. „Chaos Is My Name“.

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05.12.2006

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