Khemmis - Desolation

Review

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Wenn es im Doom so etwas wie einen raketenhaften Aufstieg gibt, so haben KHEMMIS einen solchen definitiv hingelegt. Mit zwei mehr als soliden Alben innerhalb von zwei Jahren – „Absolution“ und „Hunted“ – ist die Band in der Szene eingeschlagen wie eine Bombe. Nicht nur bei uns hat es hier hohe Wertungen gehagelt.

Einerseits bescherte das den Herren aus Denver, Colorado natürlich einiges an Aufmerksamkeit und Lorbeeren, deren Auftrieb sicher nicht unwillkommen gewesen ist. Andererseits bringt das wiederum einen enormen Druck mit für ihr neuestes Stück Musik mit sich, das hier vorliegende „Desolation“. Noch dazu hat die Band einen Vertrag mit dem Label Nuclear Blast unterschrieben. Man könnte es sicher auch anders ausdrücken: Mit „Desolation“ schicken sich KHEMMIS an, ihren Status als Szene-Tip upzugraden. Ist der Band damit der Erfolg der Vorgänger zu Kopf gestiegen oder bleibt sie sich treu?

Unbeirrt schreiten KHEMMIS voran

Schon die ersten Klänge des Openers „Bloodletting“ verschaffen Erleichterung: KHEMMIS klingen trotz allem immer noch ganz wie sie selbst. Das bedeutet, dass wir auch auf „Desolation“ diesen eingängigen Sound zwischen Doom und Epic Metal serviert bekommen, den die Band gewohnt aufgeräumt klingend in die Ohren gleiten lässt. Die klare, kräftige Stimme von Phil Pendergast schwebt wieder einmal elegant und hymnisch über das Geschehen hinweg und produziert ein ums andere Mal Gänsehautmomente. Kontraste liefern die an passenden Stellen eingesetzten gutturalen Vocals, die das dramatische Moment der Songs unterstreichen. Die dadurch entstehende Dynamik lässt sich wunderbar bei „Maw Of Time“ beobachten, in dem sich beide Gesangstechniken teilweise eine Art sinistres Frage-und-Antwort-Spiel liefern.

Und auch das können KHEMMIS 2018 hervorragend: Den Songs wohnt eine ungemeine Dramatik inne, die den Hörer einfach für sich einnimmt. Natürlich hilft hier auch die bereits erwähnte, klare Produktion mit, durch die dem Album ein Sahnesound auf den Leib geschneidert worden ist. Für den ein oder anderen Doom-Jünger könnte dieser Umstand möglicherweise etwas störend anmuten, da die Platte teilweise geradezu ungewöhnlich sauber klingt. Doch einerseits ist das Geschmackssache, andererseits lässt sich das wiederum durch eine interessante Entwicklung innerhalb des Sounds erklären. Eine Entwicklung, die „Desolation“ letzten Endes dann doch ein wenn auch kleines Stück von seinen Vorgängern abhebt.

Der Schritt hin zu mehr traditioneller Heaviness

Zwar zeigt sich die Band allein schon durch das meist sehr gemächliche Tempo noch fest im Doom verankert, doch allein die Natur des Songwritings lässt die Band ein Stück mehr in traditionellere Metal-Gefilde vordringen, was man am deutlichsten beim recht flotten „Isolation“ spürt. Die US-Amerikaner meistern dabei das Kunststück, ihren ohnehin jederzeit nachvollziehbaren, eingängigen Sound noch einmal intuitiver zu gestalten, sicher auch durch das Songwriting, was noch etwas dichter und kompakter geworden zu sein scheint. Das mag sich angesichts gewohnter Dimensionen betreffs der Spielzeit natürlich erstmal unsinnig anhören, doch klingt „Desolation“ tatsächlich so, als hätten KHEMMIS bei gleichbleibenden Songlängen deutlich mehr Ideen in jeden einzelnen Song eingebracht. Das wiederum ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die Band ihren Sound ein Stück weiter geöffnet und feiner ausgearbeitet hat.

Die Gitarren atmen dank ausgefeilter Harmonien die NWoBHM in ihren besten Tagen und setzen mit diesen dann schon mal zu melodischen Höhenflügen an. Zum Glück halten die erdigen, knurrenden Doom-Riffs in Kombination mit der durch die Langsamkeit verstärkte Heaviness die Songs ausreichend fest am Boden, sodass die Band letzten Endes zu keiner Zeit ihrer Bodenhaftung verlustig geht, sondern immer wieder einen Weg zurück zum Song findet. Und das alleine ist schon ein kleines Kunststück angesichts von beispielsweise „The Seer“, dessen elegische Gitarrenriffs zusammen mit den subtilen Streichern im Hintergrund schon zum ehfürchtigen Niederknien einladen. Doch in dieser Hinsicht ist es der Rausschmeißer „From Ruin“, der „Desolation“ mit einem hymnischen Feuerwerk beschließt und auch sonst alle Register zieht, um das Metal-Herz höher schlagen zu lassen.

„Desolation“ zeigt keine Ermüdungserscheinungen

Wenn man hieran überhaupt etwas aussetzen mag, dann ist es der bereits erwähnte Sound, dessen Sauberkeit eben Geschmackssache ist. Doch darüber hinaus halten KHEMMIS locker das Niveau und liefern ihrem Hit-Album „Hunted“ einen würdigen Nachfolger. Doch auch für sich selbst gesehen ist „Desolation“ wahrhaftig eines der organischsten Heavy-Metal-Alben des Jahres und dürfte damit so manch einem alten Hasen den Rang ablaufen. Die US-Amerikaner bleiben hiermit souverän am Ball und liefern wieder einmal qualitativ hochwertige Kost, die sich zwar etwas mehr der traditionellen Metal-Front geöffnet hat, aber dennoch wiedererkennbar bleibt. Auf „Desolation“ finden sich keine Ermüdungserscheinungen, im Gegenteil: KHEMMIS klingen frisch wie eh und je und reihen ihr neues Album fast schon mühelos in die Liste der Metal-Highlights 2018 ein.

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19.06.2018

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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