Man stelle sich einen lauen Nachmittag vor, an dem man, in der Röte der Sonne, noch einen ausgedehnten Spaziergang durch die sich offenbarende Schönheit der Natur unternimmt. Ganz gleich, in welcher Jahreszeit man auch geht, es werden sich stets eine Vielzahl an Herrlichkeiten zeigen – die Umgebung wird sich in voller und vielfältiger Pracht offenbaren.
Nun hat man die Möglichkeit, für diesen Spaziergang einen gut ausgebauten Weg zu benutzen, sucht man allerdings nach wirklich rauer Anmut, die sich als etwas Neues und Eigenes zeigt, so geht man lieber „Auf Wilden Pfaden“. Zugegeben, die Beschreibung ist ziemlich schwülstig und pathetisch, passen tut sie allerdings – das sogar ohne Schwulst.
Wie auch die, als zum CD-Titel passende Metapher benutzte, Natur, zeigt sich die Doppel-CD von KERBENOK vielseitig und interessant. Auf zwei CDs – „Auf Wilden Pfaden“ und „Im Einklang der Gewalten“ – bietet man dem entzückten Hörer herrlichen „Black/Death/Thrash and Pagan influenced Metal“, so zu mindestens beschreibt die Band selbst ihre Musik.
Musik ist an dieser Stelle ein gutes Stichwort, denn dieser wollen wir uns nun widmen. KERBENOK bieten eine breite Palette; mal darf in verträumtem Akustikgitarenspiel geschwelgt werden, dann begeistert man mit episch schweifendem und dabei sehr atmosphärischen Riffing. Die Drums präsentieren sich mal schleppend, dann wieder drischt man nur so auf die Felle ein, was der Band im Gegensatz zu vielen anderen allerdings auch grandios gelingt: Durch den Charme des kalten Sounds wird das Schlagzeugspiel wunderbar treibend und gliedert sich nahtlos in das weite Gesamtbild.
Für all diejenigen, denen jetzt noch nicht das Wasser im Mund in Fluten zusammenläuft, sei die Soundkreation von KERBENOK am Beispiel des Titelstückes ihrer ersten CD noch einmal beschrieben. Da wird man empfangen mit druckvollem Drumming und hintergründigen, ja fast wallenden Gitarrenriffs, die sich dabei auf herrliche Art schweifend zeigen. Später zeigt die Band dann ihr Können an der Akustikgitarre und zaubert mit filigranem Akustikgitarrenpicking, das dabei einen herrlichen Kontrast zum Gesamten darstellt und sich doch wunderbar fügt, eine wunderschön geruhsame Melancholie. Kompositorisch bewegt man sich dabei die ganze Zeit auf einem hohen Niveau. Dass sie sich tatsächlich noch selbst übertrumpfen können, zeigen KERBENOK auf ihrer zweiten CD „Im Einklang Der Gewalten“.
War „Auf Wilden Pfaden“ für mich schon faszinierend, so besticht das Jetzige mit noch tieferer Atmosphäre, noch mehr Ideenreichtum und, das wohl Allem voran, noch mehr ungeschliffener Schönheit. Zwar bleibt man den vorher schon offenbarten Prinzipien treu, doch sind die Gitarren hier noch tragender und sägen sich dabei in das Gehör das Hörers, sind die Klangteppiche noch feiner und einzelne Bestandteile noch runder eingefügt. Und als sei Vorangegangenes nicht schon mehr als fantastisch, wird man dann auf „Erde“ auch noch mit Bongoklängen verzaubert.
Feuer, Erde, Wind, Wasser – Diese vier Elemente sind auf dem zweiten Silberling vertreten, wobei „Im Einklang Der Gewalten“ ein über 40 Minuten langes Stück ist, nur in sich selbst in vier Abschnitte unterteilt. Beim Hören schwebe ich mindestens in den Sphären ebendieser vier Elemente, eigentlich jedoch sind KERBENOK dabei noch viel mehr.
Das Werk der Band zeigt sich neben seinen musikalischen Stärken – atmosphärisch treibendes Schlagzeugspiel, filigran gewobene Klangteppiche, Gitarrenmelodien zwischen Kälte und Epik – auch auf textlicher und gestalterischer Ebene hervorstechend. Texte wie Poesie und eine Aufmachung, die auf voller Linie bis in ihre Details zu überzeugen weiß, runden es gekonnt ab.
Sprach ich vorhin noch von rau, so konstatiere ich nun, dass die Schönheit dieses ungeschliffenen Juwels gerade in der Rauheit zu finden ist. Zu erwerben ist die CD über die Künstler selbst – das Ganze geschah in Eigenveröffentlichung.
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