Kells - Anachromie

Review

Frankreich ist für vieles bekannt. Durchaus auch für eine lebhafte Metalszene. Allerdings hat diese bisher eigentlich keine einzige Band hervorgebracht, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte. Mit ihrem dritten Album „Anachromie“ machen sich die in ihrer Heimat schon wohlbekannten KELLS jetzt auf, das zu ändern.

Dem ein oder anderen dürfte die Band dabei durchaus schon ein Begriff sein. Immerhin begleitete sie erst im Mai diesen Jahres TARJA auf ihrer Deutschland-Tour. Dabei fiel sie auch durch ihre Optik auf. Eigentlich sollte man sich ja nicht von Äußerlichkeiten beeinflussen lassen. Aber im Falle dieser Combo passt das modische Auftreten der einzelnen Mitglieder einfach bestens zur Musik. Die drei Jungs an den klassischen Rock-Instrumenten wirken auffallend modern mit Gel-Frisur, Beanie-Hat und Rasta-Zöpfen. Auch ihr Spiel fällt dementsprechend aus und weckt mit Downbeats, basslastigen Riffs und stakkatoartigem Drumming Erinnerungen an KORN, DISTURBED und EVANESCENCE. Dabei werden sie von der Vokalistin Virg begleitet, die sich gerne in schwarzen Röcken und mit Springerstiefeln zeigt. Dennoch ist seine keine reine Gothic-Trällerelse wie Sharon den Adel (WITHIN TEMPTATION) oder Cristina Scabbia (LACUNA COIL). Vielmehr kann sie auch durchaus passabel schreien. Dabei verfällt sie allerdings nicht in tiefe Growls, sondern eher in hohe Screams. Auf diese Art und Weise schafft sie ihren eigenen Kontrapunkt und hebt sich wohltuend vom mehr als genug durchgekauten Beauty-and-the-Beast-Konzept ab.
Ganz nebenbei präsentiert sie ihre Texte auch ausschließlich in ihrer französischen Muttersprache, was dem Album einen gewissen Charakter verleiht, der ihn gegenüber der Masse ähnlicher Releases auszeichnet. Überhaupt sind es solche Kleinigkeiten, welche die Scheibe hörbar erscheinen lassen. So sind beispielsweise auch immer wieder kurze elektronische oder Keyboard-Passagen zu entdecken, welche den Vibe, die der jeweilige Song transportiert, gelungen unterstützen. Solche Momente sind aber auch bitter nötig. Denn bereits nach einmaligem Hören lässt sich in den Songs dann doch ein gewisser Grad an Gleichförmigkeit entdecken. Es wirkt fast so, als hätte das Quartett die Standards aller genannter Referenz-Genres und -Bands genommen und sie als Blaupause für ihre eigenen Titel benutzt. So geht leider ein gutes Stück an musikalischem Anspruch verloren.

Dennoch funktioniert „Anachromie“ irgendwie und dürfte deshalb bei den Fans dieser Musikrichtung durchaus ankommen. Für immer ins Gedächtnis der europäischen Metalszene eingebrannt haben sich KELLS damit allerdings noch lange nicht.

28.12.2011
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