In einem Sprichwort heißt es: „Es ist nicht alles Gold, was glänzt.“ Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet könnte man auch sagen, dass nicht alles bekannt sein muss, was Gold bekommt. Mit Gold wurde nämlich „Sound Awake“, das zweite Album von KARNIVOOL ausgezeichnet, welches im Heimatland der fünfköpfigen Band im Juli 2009, nur einen Monat nach Veröffentlichung, bereits über 35 000 mal verkauft wurde. Warum aber KARNIVOOL in der hiesigen Progressive-Szene bislang als Geheimtipp gehandelt werden, liegt an eben jenem Heimatland: Australien. Doch das wird sich ändern, denn sie schauen dieses Jahr auch in Deutschland vorbei.
Wollte man KARNIVOOLs Musik beschreiben, käme man wohl mit Alternative Progressive Rock der Wahrheit am nächsten. Beide Genre finden hier in einer äußerst gelungenen und homogen wirkenden Symbiose zusammen. Was „Sound Awake“ auszeichnet, ist vor allem sein natürlich wirkender Charakter. Auch wenn die Kompositionen durch komplexe Strukturen, vielfältige Variation und Facettenreichtum geprägt sind, wirkt hier nichts konstruiert oder technisch. „Sound Awake“ – der Sound ist lebendig, strahlend, atmosphärisch, die Produktion sehr dynamisch gehalten. Die Zusammenarbeit mit Forrester Savell (THE BUTTERFLY EFFECT) trägt sozusagen goldene Früchte.
Ein kleiner Streifzug durchs Album gefällig? Bitte sehr: Der Einstieg mit „Simple Boy“ ist ausladend und schon ein deutlicher Fingerzeig auf die melodische Stärke der Australier. Das folgende „Goliath“ dagegen ist deutlich komplexer geraten, weckt mit seinen akzentuierten Riffs Erinnerungen an TOOL, überrascht am Ende dann mit einem MESHUGGAH-Déjà-vu. „New Day“ tönt reduzierter, wartet aber mit einem mächtigen Refrain im Mittelteil auf. Ähnliche balladeske Töne schlägt auch „Umbra“ teilweise an. „Set Fire To The Hive“, die erste ausgekoppelte Single, bildet einen starken Kontrast als schweißtreibender, energiegeladener Song, der pures Adrenalin versprüht. Allen Stücken gemein ist die langsame Steigerung der Intensität, die sich regelmäßig in opulenten Refrains und Zwischenstücken entlädt.
Etwas aus dem Rahmen fällt die zweite Single „All I Know“. Hier überraschen KARNIVOOL mit einem super eingängigen Rocksong fast ganz ohne progressive Schnörkel und mit einer wahren Ohrwurmmelodie, die sofort im Gedächtnis hängenbleiben. Dazu der lockere, beschwingte Rhythmus und der charismatische Gesang – der optimale Single-Song und die goldene Mitte des gesamten Albums. Sehr sehenswert übrigens auch der Videoclip zu diesem Song, den ich für einen der besten halte, die in den letzten Jahren im Bereich Rockmusik gedreht worden sind.
Wer sich jetzt noch Spuren von CHROMA KEY, OCEANSIZE, PORCUPINE TREE und MARILLION dazu denken kann und diese Mischung sympathisch findet, sollte „Sound Awake“ unbedingt antesten. Es wird Zeit, dass ganz Europa auf diese Band aufmerksam wird!
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