„Who’s The Boss In The Factory“? Ja, wer ist das eigentlich, der Typ, der sich da mit seinen mindestens 50 Jahren mit beeindruckender Coolness – die Zigarre lässig im Mund, der Anzug und Hut stilvoll in Mafiatradition gehalte, Handy und PDA auf dem Tisch, die Füße in den teuren Lederschuhen ebenfalls – auf seinem Stuhl räkelt? Und vor allem: Was ist das für einer?
Ein bisschen verweichlicht ist er schon, der neue Chef. Tatsächlich zeigt er Schwäche. Wenn er anfangs gleich „Send A Message From The Heart“ fordert, und das dann auch noch 20 Minuten durchzieht, fragt man sich, ob er tatsächlich was auf dem Kasten hat. Zu überladen, zu schwülstig, zu verspielt, vorallem zu langgezogen und viel zu proggy a la THE FLOWER KINGS wirkt das, was er uns da verklickern will. Aber man kann aufatmen: Der hat auch noch ganz andere Seiten. Witz und Freude zeigt er – und das kurz, auf den Punkt gebracht und knackig. Ziemlich abgedreht und auf positive Art und Weise quietschig: „Let In Hollywood“. Nachdem er mit seiner Aufforderung, eine Botschaft von Herzen zu senden, ziemlich schlecht gestartet ist und sich schon gut blamiert hat, dafür mit „Let In Hollywood“ gezeigt hat, dass er ganz cool auch anders kann, haut der alte Herr nun mit der Faust auf den Tisch und stellt die Gretchenfrage: Wer ist der Chef hier? Zum Ausdiskutieren nimmt er sich fast eine Viertelstunde Zeit, aber: Er hat was zu erzählen. Ab und an etwas aus- und abschweifend, dann wieder ziemlich ernst, die Diskussionsrunde. Dass er die Frage ganz konkret gestellt hat, war kein Fehler – der Chef geht deutlich gestärkt als Sieger hervor.
Mit neu gewonnener und untermauerter Stärke macht man sich anschließend an „Two Blocks From The Edge“. Zurück an die Arbeit, Männer! Der Chef zeigt, war er draufhat, was seine Klasse ausmacht. Der Sound ist typisch, leicht zu verdauernder Prog, stark an Hardrock angelehnt und mit netten Fusion- und Saxophoneinsprengseln.
Da hat er jetzt aber mal ordentlich aufgetrumpft! Der Feierabend steht kurz bevor, es wird wieder ruhiger: „Eternally Pt. 1“ ist das Piano, das irgendwo aus einem der hinteren Büros ganz sanft aus den Boxen tönt. Schließlich ist der Arbeitstag vorbei, der Chef fährt mit dem Auto heim, vorbei an grauen, ewiggleichen Aleen durch diesige, verregnete Landschaften. Auf einmal ergreift den alten Herrn eine Melancholie, die er mit viel Pathos aber ohne Kitsch sehr balladesk zum Ausdruck bringt. Ausschweifend, beschwingt und erhaben.
Der Boss, das ist naürlich Jonas Reingold, sonst Bassist bei den FLOWER KINGS. Irgendwie schafft er es mit KARMAKANIC zu zeigen, dass er wirklich der Chef ist. Und hätte der Gute nicht anfangs gleich für 20 Minuten ordentlich daneben gelangt, dann wär das Album sogar wirklich richtig gut.
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