Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
Tonnenschweren Kult halten wir diese Woche im Blast From The Past bereit für euch. Nachdem KAMELOT einerseits seit mehr als zwei Dekaden zum absolut verlässlichen Megaseller im Bereich sinfonischer Power Metal zählen und deren Entwicklung andererseits seit spätestens “Haven” allerdings nicht mehr von allen Fans bejubelt und nicht selten als “formelhaft” und “repetitiv” bezeichnet wird. Die goldene Ära der Band ist – da sind sich überwiegend alle einig – die Jahre 1998 (“Siége Perilous”) bis 2010 (“Poetry For The Poisoned”), als Roy Khan (CONCEPTION) Sänger von KAMELOT war. Oft übersehen wird allerdings die Anfangsphase der Amerikaner, in denen Mark Vanderbilt für zwei Alben die Stimme der Band war. Nicht wenige, welche die späteren durch Bombast und Orchestrierung geprägten Jahre von KAMELOT schätzen, dürften nun sogar Probleme haben, darin die gleiche Band zu erkennen, da sich das Tampa-Quintett im Sound noch erheblich von heutigen Trademarks unterschied.
CRIMSON GLORY? SAVATAGE? Nö, KAMELOT.
Immerhin begann die Tradition violett eingefärbter Cover Artworks schon 1995 im Hause KAMELOT; so können wir uns heute sicher sein, dass sie es sind. “Eternity” eröffnet mit einem feierlichen, majestätischen Intro, das auf charmanter Neunzigerjahre-Keyboard-Orchestrierung basiert und prescht dann mit treibenden Drums und kantigen Riffs nach vorn. Die Morrisound-Produktion hört sich eher nach den ICED-EARTH-Alben der damaligen Zeit (“Burnt Offerings” und “The Dark Saga”) an als nach dem für KAMELOT typischen Soundbild, das ab “The Fourth Legacy” etabliert wurde. Darüber hinaus fällt auf, dass Thomas Youngblood, der damals die gesamte Musik schrieb, für die Drummer Richard Warner die Texte verfasste, und seine Mannen wesentlich rifflastiger als heute waren und der Gitarre insgesamt mehr Raum beigemessen wurde. KAMELOT waren seinerzeit eine melodische, aber harte US-Power-Metal-Band, die stilistisch viel näher an ICED EARTH, CRIMSON GLORY, QUEENSRŸCHE und den frühen SAVATAGE war – was “Eternity” gemeinsam mit seinem nur geringfügig schwächeren Nachfolger “Dominion” zum insgesamt härtesten Album von KAMELOT macht.
Mit den US-Power-Progstern CRIMSON GLORY wurden KAMELOT seinerzeit vor allem wegen der Stimme von Sänger Mark Vanderbilt verglichen. Der tönt tatsächlich wie ein geheimer Zwilling des leider verstorbenen Goldkehlchens Midnight, artikuliert sich allerdings auch etwas erdiger und rauer. Manch einen mag dies stören – zu “Eternity” und seinen narrativen Texten, die sich an mittelalterlichen Versepen und höfischer Literatur orientieren, passt das allerdings sehr gut und verleiht dem Album eine Sonderstellung in der Diskografie der inzwischen international besetzten Band.
“I will my soul to the sea – For eternity”
Auch wenn “Eternity” in den Metal Archives läppische 53% Durchschnittswertung in den Reviews einfuhr – die dort am besten bewertete Scheibe ist übrigens “Karma” mit 93% durschnittlicher Wertung –, besteht das Album aus keinem einzigen schlechten Song und fast ausschließlich gelungenen Momenten. Klar, der Chorus von “Proud Nomad” wirkt etwas sprunghaft eingeleitet und “One Of The Hunted” sowie “What About Me” sind nicht unbedingt die ergreifendsten Versuche einer Ballade. Doch waren KAMELOT für eine debütierende Band im Jahre 1995 bereits erstaunlich reif und progressiv, sodass sich neben dem Titelsong mit “Black Tower”, “Fire Within”, “Red Sands” oder dem Abschlussgespann “Étude Jongleur/The Gleeman” mehrere Highlights auf “Eternity” befinden, die allen US-Metal-Fans Freudentränen ins Gesicht treiben dürften.
Es ist der jugendlich-naive Charme, das Unperfekte, das den besonderen Reiz des KAMELOT-Debüts ausmacht. Gewiss war die Band später mit Roy Khan oder seit nunmehr stolzen elf Jahren Tommy Karevik in der sinfonischeren Ausrichtung (meist) nicht zu Unrecht unglaublich erfolgreich. Aber es ist jammerschade, dass die ersten beiden Alben, die momentan zugegebenermaßen im Original nicht immer leicht zu finden sind, häufig untergehen, wenn es um die Klasse von KAMELOT geht. Die Noise-Records-Pressung auf CD wird auf Discogs zwischen 18 und 40 Euro gehandelt. Mit ein bisschen Glück begegnet euch das Album auch günstiger. Dann solltet ihr unbedingt zuschlagen und ein Stück Metal-Geschichte der Neunziger nacharbeiten.
Ein wirklich starkes Debüt. Damals war man froh über jede melodisches Metal Album. Es gab ja damals kaum was vernünftiges in der Richtung. Das zweite Album ist genauso gut. Nach dem Sängerwechsel ging es leider immer mehr bergab. Die Alben danach kann ich mir nicht mehr anhören. Bombast Kitch