Kaipa - In The Wake Of Evolution

Review

Natur in knallbunten Farben ziert das Cover von „In The Wake Of Evolution“. Ebenso farbenfroh ist die Musik von KAIPA aus Schweden. „Ich würde sie als Progressive-Folk-Fusion-Rock bezeichnen“, meint Bandleader Hans Lundin. Da hat er recht, denn „In The Wake Of Evolution“ beinhaltet fast ausschließlich überlange Songs mit Rhythmus- und Harmoniewechseln und ausufernden Soli. Vergleichbares liefern THE FLOWER KINGS, deren Gitarrist Roine Stolt ehemals bei KAIPA spielte. Progressive Rock – abgehakt. Viele Melodien sind folkig eingefärbt; sie erinnern an die irischen Stepptänzer von RIVERDANCE. Folk – abgehakt. Alle Musiker beherrschen ihr Handwerk; sie weben dichte und detailverliebte Begleitstrukturen. Farbige, aufwendige Akkorde lassen ab und zu ein wenig Jazz-Rock anklingen. Fusion – abgehakt.

Fehlt noch was? Man könnte noch Pop hinzufügen, denn das gemütliche Tempo und die softe Instrumentierung lässt mehr als einmal an (Power-)Balladen denken. In den groovigen Passagen bieten sich SAGA als Vergleich an. Wo ist der Anknüpfungspunkt zum Metal? Gitarrist Per Nilsson spielt auch bei den Melo-Deathern SCAR SYMMETRY. Er ist aber erst vergleichsweise kurz Teil der Band.

Ihre ersten Farbtupfer haben KAIPA schon vor 35 Jahren in die Prog-Landschaft geworfen. Kein Wunder, dass die Musik der 70er und 80er Jahre Spuren im Band-Sound hinterlassen hat. Der Synthesizer führt den Pinsel und greift auf eine Breite Palette verschiedener Klangfarben zurück. Harte Rhythmus-Gitarren kommen so gut wie nicht vor. Die Musik schwelgt in Melodien: Instrumentale Themen wechseln sich ab mit popig-rockigem Gesang und langen Soli.

Am besten prägt sich der Titelsong und Albumopener „In The Wake Of Evolution“ ein. Das Hautthema ist folkig, einprägsam und… niedlich. Die Musik versprüht eine kindliche, unschuldige Fröhlichkeit. In manchen Songs überschreiten die Melodien allerdings die Grenze zur Banalität. Gerade der pathetische Gesang wirkt in den soften Balladen etwas kitschig, zum Beispiel am Anfang von „The Seven Oceans Of Our Mind“. Außerdem hätte ich mir beim 17-minütigen „Electric Power Water Notes“ weniger Solo-Gegniedel und mehr Kompaktheit gewünscht.
Trotz dieser sanften Kritik ist „In The Wake Of Evolution“ ein echter Stimmungsaufheller und ein Album, auf dem es viel zu entdecken gibt. Kompetente Musiker, einprägsame Melodien, kunterbunte Klangfarben und geistreiche Arrangements, getaucht in schillernden 80er-Pop-Appeal: KAIPA sind die Süßwarenabteilung im Supermarkt des Progressive Rock.

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01.03.2010

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