„Liebe und Zerstörung“ – so heißt es auf der Facebook-Seite KAIJUs, die mit „Audiofokus“ dieser Tage ihr Langspiel-Debüt vorlegen. Liebe und Zerstörung – das passt irgendwie auch zur musikalischen Stoßrichtung des erst 2014 gegründeten Fünfers, die da lautet: Melancholic Postcore. Genau wie sich Melancholie und Postcore nur scheinbar diametral gegenüber stehen, erschaffen KAIJU (entgegen erster Vermutungen stammt die Band übrigens nicht aus Fernost – der japanische Begriff Kaijū bedeutet in etwa „rätselhafte Bestie“ und wird unter anderem für Godzilla, Gamera oder Mothra verwendet -,sondern aus Neuwied) auf „Audiofokus“ ein weitgehend integres Bild von: Liebe und Zerstörung.
Dass es nicht unbedingt einfach ist, diese vermeintlichen Gegensätze in sinnvoller(?) Weise zu vereinen, dürfte den Musikern bei KAIJU bewusst sein – umso mehr Respekt gebührt ihnen, dass sie sich bereits nach so vergleichsweise kurzer Zeit daran versuchen. Es lässt sich nicht leugnen, dass KAIJU in den knapp 45 Minuten nicht immer erfolgreich agieren – ähnlich wie „Liebe und Zerstörung“ es suggerieren, präsentieren die 12 Songs Licht und Schatten; glücklicherweise ist es deutlich mehr Licht als Schatten.
Beginnen wir bei der musikalischen Ebene, auf der sich KAIJU bewegen: Tatsächlich wird dem geneigten Hörer auf „Audiofokus“ gelungener Post-Hardcore serviert, der an einigen Stellen ordentlich Metalcore-Schlagseite besitzt, in anderen Passagen ziemlich punkrockig daherkommt und im Gesang überwiegend dem Screamo und Emocore nahesteht. Müsste ich musikalische Orientierungspunkte aufzeigen, würde ich die Aachener FJØRT nennen – wer meine Meinung zu den drei Herren kennt, wird in diesem Vergleich ohne Zögern das riesige Kompliment an die Musik KAIJUs erkennen. Sicherlich ist die Musik auf „Audiofokus“ noch nicht an jeder Stelle souverän – insbesondere die eher dem Punkrock angelehnten Passagen wirken eher generisch und nichtssagend -, aber über weite Strecken agieren KAIJU erstaunlich sicher und gekonnt.
Wo liegen jetzt die Schwächen? Leider gibt es gesanglich und textlich einige Defizite, die ich nur schwer ausblenden kann – auf lyrischer Ebene insbesondere deswegen, weil immer wieder das Potential KAIJUs aufblitzt, das die Band nicht konsequent genug nutzt. Beispiele gefällig? Eine Text-Passage wie „…’shine bright like a diamond‘ – Diamanten scheinen nicht, sie reflektieren nur…“ (ich mag Klugscheißer, die RIHANNA zitieren!) oder die gewagte Zeile „…das, was du an mir liebst, ist das Aftershave deines Vaters…“ stehen einem als/wie-Fehler und der Zeile „…lass dem Fuchs seinen Schwanz – halt den Mund und tanz!“ (eindeutig „Reim dich oder ich fress dich!“) gegenüber – Licht und Schatten. Liebe und Zerstörung.
Gleiches gilt für die Vocals, die geschrien (Zerstörung) sehr wirkungsvoll – wenngleich selbst für eingefleischte Metalcore’ler gewöhnungsbedürftig – sind, in gesprochenen und klar gesungenen Passagen (Liebe?) allerdings sehr aufgesetzt und wenig authentisch wirken. Dass ich hin und wieder an die SPORTFREUNDE STILLER denken muss, ist nun wirklich kein Kompliment.
Das ist zum Schluss jetzt sehr viel Genörgel, das gebe ich zu – ich spüre beim Anhören des „Audiofokus“ allerdings in jeder Sekunde, dass in KAIJU tatsächlich eine rätselhafte Bestie schlummert, die weder ihr Zerstörungs- noch ihr Liebes-Potential voll ausschöpft. Genau aus diesem Grund übe ich an dieser Stelle (hoffentlich) konstruktive Kritik, die auf dem Zweitling Früchte vielleicht ein paar Früchte trägt!? So oder so ist „Audiofokus“ ein Paukenschlag eines Post-Hardcore-Debüts – und ich bin mir sicher, dass man von KAIJU noch viel hören wird.
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